OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Unfried: Franz kaver Müller Die Zahl der ausführenden Sänger und Musiker ist in der Regel genau vermerkt, häufig sind sogar die Namen aller, oder doch der Solisten verzeichnet. An Stelle des fehlenden Komponistennamens müssen wir oft seinen eigenen vermuten, ein Beispiel für übergroße Bescheidenheit. Die besondere Ausführlichkeit, mit der Müller Pro¬ gramme, Aufführungs-Erfolge, Begleitumstände und Kritiken der traditionellen Faschingskonzerte am Faschingdienstag, sowie der Cäcilien - Musikfeste schildert, lassen uns auf die Beliebtheit dieser zwei Anlässe schließen, mit denen sein Chor, gewöhnlich im Musiksaal des Stiftes, die weltliche Kunst pflegte. Dabei kamen, in langen Proben sorgfältig einstudiert, auch nicht allzu schwere Stücke klassischer Instrumentalmusik mit teilweiser Hilfe auswärtiger, meist Linzer Musiker zur ufführung. Müller liebte sichtlich das gesellige Zusammensein im Kreise der Stiftskleriker, die ihn in der Kirchenmusik unterstützten, ferner die üblichen Unterhaltungsabende seines Chores, wie die „Cäcilien-Jause“, oder auch die gemütlichen Versamm¬ lungen der Liedertafel St. Florian, die sein Stiftsorganist, Lehrer Karl Hayböck leitete. Seine geist- und humorvollen Ansprachen, die er bei diesen Ge¬ legenheiten gehalten hat, findet man dem Tagebuch beigeheftet. Mit höchster Ge¬ wissenhaftigkeit beaufsichtigte Müller die ihm anvertrauten Sängerknaben. Man darf sich darunter nicht eine so große Zahl vorstellen, wie sie heute in Sankt Florian einen selbständigen Chor für sich bildet; es waren nur einige wenige, die im Stift freien Unterhalt und Unterricht genossen und die wohl als sicheres, stets verfügbares Rückgrat des Chores bestimmt waren, zu denen aber erst die Frauen¬ stimmen der Chormitglieder kommen mußten, um einen gemischten Chor ergeben zu können. Müller vermerkt jeden Besuch von Eltern, die um Aufnahme ihrer Kinder als Chorknaben baten, alle Wege, die er von sich aus unternahm, um gute Bubenstimmen zu gewinnen, die Prüfungen, die er hielt, Lernerfolge, Verwend¬ barkeit in Solo und Chor und schließlich Ausscheiden der Jungen. Die größte Be rühmtheit von den Knaben, die unter Müller in St. Florian gesungen haben, er¬ langte Johann Nepomuk aus der Eferdinger Familie David, der am 29. VIII. 1906 von Müller aufgenommen wurde. Kaum etwas verrät uns das Tagebuch von Müllers Tätigkeit als supplierender Professor an der Theologischen Hauslehr¬ anstalt im Stift; Müller scheint ihr wenig Gewicht beigemessen zu haben. Mehr als diese vorübergehende Episode bedeutete ihm sein Wirken als Gastmeister. Neben den Rechnungen über Musikalien-Ankauf, Honorare für mitwirkende Musiker und sonstige Chorerfordernisse stehen gelegentliche Aufzeichnungen über offizielle Besuche im Stift und die Speisenfolge bei Festessen, für die Müller zu sorgen hatte. Gerne verzeichnet er im Tagebuch seine häufigen Abstecher in ver¬ schiedene oberösterreichische Orte als Solosänger. Seinen mächtigen Bariton ließ er meist in Zwischennummern von Chorkonzerten der verschiedensten Vereinigungen als Sänger von Liedern und Balladen (z. B. von Loewe) oder als Solist von Meß- und Oratorienaufführungen (z. B. von Rombergs „Lied von der Glocke") hören. 129

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