Oberösterreichische Heimatblätter profaner Musik vor allem seinen großen symphonischen Messen. Wurde er darin Vorbild für Müllers späteres Schaffen, so führte er ihn als hochgeschätzter Herausgeber vieler Werke Bruckners zu jenem Stil zurück, der ihm besonders in den gewaltigen Orgelimprovisationen des Großen selbst die ersten unauslöschlichen Eindrücke vermittelt hatte. Wohl als Ausfluß dieser musikalischen Studien schrieb Müller als profane Werke für Orchester 1898 ein Menuett, 1899 ein Scherze und „Thema und Variationen“. Es versteht sich, daß er schon damals religiöse Chormusik, sei es zu besonderem Anlaß oder aus freien Stücken, ferner viele jener noch zu besprechenden Gelegenheitskompositionen schuf, soweit es ihm nur seine Zeit erlauben wollte. So schrieb er bereits in seinem Maturajahr 1890 eine Lauretanische Litanei für Doppelchor. An Kompositionen freireligiösen Inhalts fallen in die Jahre des Wirkens als Seelsorger: Die Musik zum Festspiel „Immaculata“, 1905 (Text von Vermanschläger, aufgeführt auf der Linzer Landesbühne) und ein Krippenspiel mit Liedern, 1903, ferner für die Dilettanten¬ bühnen, die Müller betreute, die Schauspiele mit Gesang „Meister Frindt“, 1902 und „Der Dorfbauern-Franzl“, 1904. In diesem Jahr trat die entscheidende Wendung im Leben Müllers dadurch ein, daß er Organist an der Stiftskirche St. Florian wurde. Als solcher ordnete er sich selbstverständlich einem Chordirektor unter, der gewiß ein ehrlich strebender, erfolgreicher Musiker, ihm aber an Talent und Können weit unterlegen war. Schließlich wurde er 1906 als Nachfolger Deublers Leiter des Stiftschores. Geistlicher Rat Prof. Bernh. Deubler (1842 — 1907), Professor an der theo¬ logischen Hauslehranstalt St. Florian, hatte die Leitung des Stiftchores 1884 von jenem Traumihler übernommen, unter dem noch Bruckner die Orgel gespielt hatte und Müller Sängerknabe gewesen war. Deublers Begabung wies, wenn sie auch vor allem in musikalischer Hinsicht an Müller nicht heranreichte, in ähnliche Rich¬ tungen wie bei diesem. Er wird als ein stets zu Scherzen aufgelegter, grundgütiger Priester geschildert, der neben seinem Wirken als Künstler und Professor ein aus¬ gezeichneter Prediger war und das größte Geschick zeigte, Theatervorstellungen zu leiten, für die er (u. a. zu Stücken von Pailler) viele volkstümliche Lieder kompo¬ nierte. Ebenso wie von Müllers Stimme erzählte man sich auch von seiner Wunder¬ dinge. Leider auch in dem mit dem Alter zunehmenden Augenübel glichen die beiden einander. Am 29. Juni 1906 hatte Prof. Deubler das letzte Mal dirigiert und am 1. Juli feierte Müller seinen „Einstand als Regenschori", wie er als erste Eintragung in seinem aus diesem entscheidenden Anlaß neu begonnenen Tagebuch notiert. Dieses umfaßt in zwei Bänden die Zeit bis zum 10. Dezember 1927, schildert uns die Pflichten seines Amtes als Leiter des Stifts- und später des Domchores und läßt uns nicht zuletzt darin, was ihm des Aufschreibens wert erschien, einen tiefen Blick in seine Seele tun. Genau führt er Buch über die bedeutenden Aufführungen, die er in der Stiftskirche zu leiten hatte. Selten schneidet da ein Hochmut in der selbstkritischen Wertung als gut ab; meistens liest man „schlechte Aufführung", „mittelmäßig", höchstens „passabel gesungen“. 128
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