OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Unfried: Franz Xaver Müller machte er Matura und zwar, wie alle Zöglinge des Freinberg-Konviktes, am Staatsgymnasium in Linz und trat unmittelbar nachher am 28. August 1890 als Novize in das Stift St. Florian ein; am 28. August 1894 legte er die feier¬ liche Profeß ab und wurde am 28. Juli 1895 zum Priester geweiht. Studien zur weiteren musikalischen Ausbildung mußten also zunächst vor der ernsten Vorbereitung auf das Priestertum zurücktreten. Von den gleichaltrigen Theo¬ logiestudenten wurde er unbestritten als Führer zu glücklichem Ausgleich zwischen unbekümmertem Frohsinn und fleißigem Streben nach höchsten Idealen angesehen. Für das Theologentheater schrieb er damals (1893/94) die Opernparodie in vier Akten „Odysseus“. Auch nach der Weihe blieb es bei dieser Lebenshaltung Müller wurde bald als Aushilfspriester, bald als Kooporator, im Stift und aus¬ wärts eingesetzt. Er war Zeit seines Lebens begeisterter Seelsorger, auch als er später ganz zur Musik übergegangen war und als schaffender Künstler, als Dom¬ kapellmeister und Musikprofessor zur Bewältigung seines Arbeitspensums Teile der Nacht zu Hilfe nehmen mußte. Seine Lieblingsbeschäftigungen waren Beicht¬ hören und Spendung der Krankenölung. „Das Seelenheil eines alten Weibleins ist mir lieber als die ganze Musik“ ist ein Ausspruch des gefeierten Kompo¬ nisten und Dirigenten. Zwar hatten Propst Ferdinand Moser und Dechant Breselmayr in bald zum weiteren Studium der Musik ausersehen, gewährten ihm aber keine zusammen¬ hängende Ausbildungszeit, sondern riefen ihn vom begonnenen Studium in die Seelsorge, von der Seelsorge ins Studium und abermals in die Seelsorge. Und Müller gehorchte ohne Murren als vorbildlicher Ordensmann. Wir müssen seinen Oberen zustimmen, wenn sie ihn nicht zu einem schematischen Studiengang nach Wien, sondern zu Einzelpersönlichkeiten, die seinem Aufgabenkreis am besten ent¬ sprachen, in die Lehre schickten. Zunächst wurde er in Gmunden in Harmonielehre und einfachem Kontra¬ punkt von Joh. Evang. Habert (1833 —1896) unterwiesen. Weit über sein Wirken als Organist und Regenschori an der Gmundner Stadtpfarrkirche erfreute sich dieser nicht allein in Österreich eines bedeutenden Rufes als Kirchenkomponist, der sich der damals tonangebenden cäcilianischen Richtung zu entziehen wußte, ferner als Herausgeber einer überall geschätzten Zeitschrift für Kirchenmusik, des Gesangbuches für die österreichische Kirchenprovinz, sowie alter und neuer kirch¬ licher Meisterwerke, u. a. in den „Denkmälern der Tonkunst in Österreich" Außerdem war Habert erfolgreicher Theoretiker und Pädagoge. Als solcher ver¬ faßte er ein großes Kompositionslehrbuch und Schulen für Chorgesang, Orgel¬ und Klavierspiel. Also der richtige Mann für den jungen Priester Müller, der für die Tätigkeit als Organist und Regenschori in der Florianer Stiftskirche bestimmt war. Dem Studium des doppelten Kontrapunktes, der Instrumentations- und Formenlehre aber oblag er in Wien bei Prof. Jos. Venantius Wöß (1863—1943). Dieser Chordirektor an der Wiener Votivkirche verdankt seinen Namen trotz vieler 127

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