Oberösterreichische Heimatblätter und sich als geschickter Kirchenkomponist einen Namen machte, unterrichtete den Buben im Klavierspiel. Entscheidende Erlebnisse der Jahre als Chorknabe (1880 — 1883) wurden für Müller die Besuche A. Bruckners in St. Florian. Dort kehrte der in Wien heißumkämpfte Professor gerne ein, improvisierte auf der großen Orgel, seiner alten „Chrismanin“, und ließ es sich nicht nehmen, an hohen Feiertagen den Gottesdienst durch sein Spiel zu verschönen. Diese starken musikalischen Eindrücke prägten sich tief in die Seele des hochbegabten Kindes, ebenso wie die große Frömmigkeit, die Bruckner besonders in dem Stift als seiner geistigen Heimat an den Tag legte und von der Müller noch 1946 als 76 jähriger Greis bei seinem letzten öffentlichen Auftreten, dem in seiner unmittelbaren Herz lichkeit ergreifenden Vortrag zur Brucknerfeier des Katholischen Bildungswerkes aus Anlaß des 50. Todesjahres des Ansfeldner Meisters im Linzer Ursulinen¬ saal, zu erzählen wußte. So wurde Bruckner das große Vorbild für Müller, nicht etwa nur durch Lehrer im Tonsatz, die mit der Bruckner-Tradition ver¬ bunden waren. 1883 begann Müller seine humanistischen Studien in dem durch beste päd¬ agogische Erfolge weit bekannten Jesuitenkolleg Freinberg Linz und übernahm dort den Organistendienst in der Kirche. In einem Tagebuch, „Diarium der Musik“, notierte er sich alle von ihm auf der Orgel begleitete Kirchenmusik, und zwar Schar- und Chorgesänge während der Schuljahre 1887/88 und 1888/8. Außerdem finden sich darin Bemerkungen über besondere religiöse oder musikalische Erlebnisse des in strenger Zucht dahinfließenden studentischen Treibens. Nichts aber schrieb sich Müller bezeichnender Weise hier, wie in allen späteren Tage¬ büchern, über die neben diesem Leben der Pflicht einhergehende Beschäftigung nieder, die seine Freizeit ausfüllte. Zum Studium, Müller war stets der beste Schüler, brauchte er ja bei seiner raschen Auffassungsgabe wenig Zeit. So konnte er nach Herzenslust .... Theater spielen. Sein übergroßer Spieltrieb, sein Rede- und Improvisationstalent, die angeborene Heiterkeit wurden von der traditionellen Theaterkultur der Studenten an Jesuiten-Gymnasien mächtig ge¬ fördert. Von seinem Freinberger Kasperl und seinen Rollen in Nestroy-Stücken wußten Freunde aus dieser Zeit ebenso wie von seinen lustigen Streichen voll Vergnügen zu erzählen. Die Fähigkeit, Regie führen und dabei selbst die Haupt¬ person darstellen, ja sogar G'stanzeln und ganze Stücke dichten und gleich auch komponieren zu können, nahm er ins spätere Theologiestudium mit; in jungen Priesterjahren war sie Hauptgrund für seine große Beliebtheit als Gesellenvereins¬ Präses. Ein oder der andere große Jünger ernster Tonkunst hat gelegentlich in herzlicher Fröhlichkeit oder Freude an übermütigen Einfällen Entspannung von strenger Fron im Dienste der hohen Muse gesucht; aber daß ein in der Kirchen¬ musik zu höchstem Ansehen gelangter Geistlicher gleichzeitig Autor so manchen lustigen Theaterstückes und selbst gewiegter Komödienspieler war, ist wohl einzig dastehend. Dabei wußte Müller immer mit höchstem Takt die Grenze zu wahren; denn bei allem Übermut blieb sein erster Wesenszug die Frömmigkeit. 1890 126
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