OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Unfried: Franz Kaver Müller die Straße den gewaltigen Höhenunterschied zwischen der uralten Schiffer-Stadt Grein und dem auf der Höhe des unteren Mühlviertels gelegenen kleinen Ort, der aber von altersher das Marktrecht besitzt. Stundenweit wandert man, ohne einem Menschen zu begegnen, durch den ungeheuren, wildreichen Greinerwald Müller hat ihn in einem schönen Heimatlied besungen —, vorüber an schäumenden Bächen, die gelegentlich in Wasserfällen zum Donautal stürzen oder romantische kleine Sägemühlen treiben, bis man auf einer hochgelegenen, allen Winden aus¬ gesetzten buckligen Welt angekommen ist. Dort trennen Waldflecken die mensch¬ lichen Siedlungen, in die Landschaft hat allenthalben eine Urwelt-Faust mächtige Gesteinsblöcke verstreut, die Hochlage beweisen im Frühjahr die herrlichen gelben Wolken der Arnika-Blüten, die in Abwechslung mit dem Weiß der Marqueriten in das saftige Grün der Bergwiesen gebreitet sind. Ja, schön ist dieses Land sern dem großen Weltgetriebe! Der Zauber seiner Natur hat dem Priester Müller auf seinen zahlreichen Besuchen in der Heimat neue Kraft gegeben und den Ton¬ dichter in seinem Schaffen befruchtet. Aber auch rauh und hart in ihren Anfor¬ derungen an die Menschen ist die Gegend. Mit saurem Schweiß ringen die Bauern dem steinigen Boden ärmliche Roggen-, Hafer- und Kartoffelfelder ab; statt dürftiger Wiesen sind weite Flächen nur als Hutweiden zu nützen. Spät im Frühjahr beginnt die Feldarbeit, denn lange bleibt der viele Schnee liegen; und dann müssen auch die Kinder ohne Rücksicht auf den Schulbesuch zupacken. Dienst¬ boten können sich die Bauern schwer leisten; sie würden ihnen auch nicht bleiben, weil sie im fetten „Machland“, unten in der Ebene, viel günstigere Bedingungen antreffen. So ist der Menschenschlag klein, zäh und früh ausgeschunden. Die riesige Gestalt Müllers erklärt sich dem gegenüber durch die Abstammung der Familie aus der Umgebung von Mauthausen. Der Vater war ein kinderreicher Fleischhauer in kleinen Verhältnissen — viel verdienen konnte er von den Bauern des Bezirkes ja nicht. Von seinen drei Söhnen Franz, Anton, Michael und den zwei Töchtern Resi und Anna war unser Meister das zweitgeborene Kind. Schulleiter Oßberger gab dem aufgeweckten Knaben Elementar-Unterricht in Musik und Gesang. Die Eltern mögen glücklich gewesen sein, als ihn seine schöne Altstimme nach St. Florian führte. Am 19. August 1880 traf er in dem durch seine Kunstdenkmäler und als Wirkungsstätte Anton Bruckners weltbe¬ rühmten Chorherrenstift ein, zusammen mit einem zweiten Dimbacher, dem gleich¬ falls zum Sängerknaben erwählten Karl Neulinger, der 39½ Jahre als Ober¬ lehrer in dem unweit Dimbach gelegenen Waldhausen wirkte und derzeit noch als hochbetagter Pensionist in Grein lebt. Den zehnjährigen Müller, der unter Regenschori Ignaz Traumihler die Hochämter zu singen hatte, packte das Heim¬ weh so mächtig, daß er am liebsten durchgebrannt wäre. Blieb doch die Liebe zur Heimat und zur Mutter und, als diese gestorben war, zu seinen Verwandten ein wesentlicher Charakterzug auch noch des reifen Mannes. Der Brucknerschüler Josef Gruber (1855— 1933), der nicht nur als Stiftsorganist, sondern auch als Musiklehrer am bischöflichen Lehrerseminar Vorgänger Müllers werden sollte 125

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