OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter Berlin, Budapest, Dresden und London. In Österreich hatten Linz 1886 die III. (teilweise) und Graz die VII. gebracht. In Wien hinderte immer noch die Gegner¬ schaft der konservativen Kreise den Weg Bruckners in die Öffentlichkeit. Der zweimaligen Aufführung der II. (1873 und 1876) war 1877 der Mißerfolg der III. und 1881 die Uraufführung der IV. gefolgt, dann waren 1883 die Mittelsätze der VI. im „Philharmonischen“ gebracht worden, 1886 die VII. Symphonie. Trotz aller Wiener Widerstände kann man aber von 1885 an keinesfalls mehr vom „unbekannten“ und „unaufgeführten“ Bruckner sprechen. Die Triumphe endlich, die Bruckner in den 90er Jahren auch in Wien feiern konnte, zeigen den Künstler zweifellos nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich auf einem zwar schwer erkämpften, deshalb aber umso gewaltigeren Gipfelpunkt einer ständig und ziel¬ sicher emporsteigenden Laufbahn. Dennoch gilt Bruckner vielfach als einer der zahlreichen Künstler-Märtyre an denen gerade die Musikgeschichte Wiens so überreich sein soll. Nicht nur die Mißgunst der Gegner, grobes Unverständnis seinem Werk gegenüber hätten seinen Lebensweg zu einem Pfad des Leidens gemacht, die Sorge um des Lebens Not¬ durft habe den Künstler auch gezwungen, sich die Zeit für sein schöpferisches Ar beiten gleichsam abzustehlen. Es ist hier nicht der Ort, die Einkünfte Bruckners und ihr allmähliches Ansteigen, auch gelegentliches Nachlassen im Einzelnen zu untersuchen. Drei Quellen kommen für sie hauptsächlich in Betracht: die Gesell¬ schaft der Musikfreunde mit ihrem Anfangsgehalt von 800 Gulden, die Hofkapelle mit einem Jahresbezug seit 1876 von 300 fl (Remuneration für die Stelle des Archivars und 2. Singlehrers der Sängerknaben), seit 1878 von 800 fl (als wirkliches Mitgiled), der sich durch eine Personalzulage 1886 auf 1000 fl erhöhte, endlich die keineswegs außeracht zu lassenden Privatschüler, deren Stunden¬ honorar von 3, später 5 fl bei zeitweise 13 Wochenstunden eine ziemlich bedeutende Summe ausmachte. Dazu kamen noch gelegentliche Einnahmen (Remunerationen des Unterrichtsministeriums 1868 500 fl, 1870 400 fl, von 1881 an die Universität mit 800 fl, von 1891 an der oberösterreichische Landtag mit 400 fl, die Lehrerbildungsanstalt in Wien während der Jahre der Tätigkeit Bruckners an ihr mit 1080 fl usw.). Als Bruckner durch sein Alter gezwungen wurde, sich von seinen amtlichen Obliegenheiten zurückzuziehen, sorgten vermögende Verehrer seiner Kunst (Bruckner nennt sie das oberösterreichische und das Wiener „Consor tium") in überaus vornehmer Weise für sein sorgloses Alter. Wenn es in der Wiener Zeit Bruckners auch vorübergehend Zeiten gab, in denen er gezwungen war, mit seinen Mitteln sorgsam Haus zu halten, kann man von irgendeiner Notlage Bruckners keinesfalls sprechen. Wenn der Künstler nach dem Verlust der Lehrstelle an der Lehrerbildungsanstalt den Verlust von 1000 fl beklagt und anfangs 1875 an seinen Linzer Freund Moritz v. Mayfeld schreibt, daß er schon Geld aufnehmen mußte, „wenn es mir nicht beliebte, zu verhungern“, und daß er seine IV. Symphonie nicht kopieren lassen könne, so vermögen solche vorübergehende Ebben in der Kasse nichts gegen das bei seiner Bescheidenheit 118

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