OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter schon um 1682/83 der etwa 13 Jahre ältere Michael Zürn d. J. in seinen ersten für Kremsmünster geschaffenen Plastiken getan; doch in Zürn war es ein Wieder aufleben manieristischer Kunstüberlieferung gewesen, in welcher dieser Meister vor 1660 noch aufgewachsen war und welcher er mit seinem Wesen inmitten einer barocken Welt verbunden blieb. Guggenbichler aber, der aus rein barocker Tradition erwuchs, hatte als führender Künstler erst die ganze Entwicklung hoch¬ barocker Möglichkeiten bis 1710 zu durchlaufen, ehe er im Greisenalter in unge¬ brochener Kraft die Bahnen seines bisherigen Formdenkens und Gestaltens verließ, über diesen Nahmen entscheidend in die weitere Zukunft hinausgriff und der Weg¬ bereiter des Rokoko wurde. Daraus erklärt es sich, daß ein Teil der Generation der um 1690 geborenen Bildhauer sein Vorbild begeistert aufgriff (Stammel, Goetz) und weiterbildete; nur ein Teil allerdings. Denn diese Generation spaltete sich in ihrer Willensentfaltung: Einerseits drangen Künstler auf Guggenbichlers Spuren ins Rokoko vor; eine andere Richtung aber lenkte, gleichfalls auf manieristische Traditionen zurückgreifend, in die Bahnen eines zwar noch sinnlich durchfühlten, aber bewußt antibarocken persönlichen Klassizismus ein (G. N. Donner u. a.). So zerfiel in den Jahren unmittelbar nach Guggenbichlers Tode die Welt des Barock, an der er mit dem Einsatze seines ganzen Wesens gebaut hatte. Anton Bruckners Nachlaß Von Univ.-Prof. DDr. Alfred Orel (Wien) Cin überaus arbeitsreiches, aber auch höchst begnadetes Leben hatte seinen Abschluß gefunden, als Anton Bruckner am 11. Oktober 1896 die Augen schloß. Wenn man den Berichten aus den letzten Monaten seines Erdenlebens glauben darf, wehrte sich der Künstler bis zum Außersten dagegen, sein Alter und das durch die Krankheit bewirkte körperliche Siechtum auch über seinen Geist Herr werden zu lassen. Immer wieder nahm er die Entwürfe zum Finale der IX. Symphonie vor und versuchte, sich trotz Allem noch die Krönung des Monumentalwerks abzu¬ ringen. Die Datierung vom 14. Juni 1896, die sich auf einem Partiturbogen der fünften Fassung des Finales findet, bedeutet keineswegs den Endtermin der künstlerischen Arbeit an der Symphonie. Wenn die geistigen Kräfte Bruckners auch ständig und erschreckend abnahmen, berichtet dennoch Dr. Heller, der den Künstler während seiner Todeskrankheit betreute, daß der Meister immer noch weiter komponierte. Ja noch an seinem Todestage soll er sich ans Klavier ge¬ schleppt haben, um zu arbeiten. In den Sielen starb er und erst der Tod vermochte der müden Hand die Feder zu entwinden. Sein künstlerisches Erbe in vollem Maße zu ermessen wird wohl erst einer künftigen Zeit möglich sein; denn wenn es auch schon den vollen Sieg über die feindliche Mitwelt errungen hat und uns die Verblendung vielfach unfaßbar er¬ 116

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