OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter gebenden Körperteile hervortreten. Die Stimmung weltmüder Betrachtung umgibt das Gesamtwerk dieses Altares als elegischer Hauch. Für die 1714 erbaute Leonhardskapelle der Wallfahrtskirche in Irrsdorf setzten 1716 Guggenbichler und sein Mondseer Faßmaler Josef Khöttl den Altar, des Meisters letztes größeres Werk, auf. An der flachen Ostwand bildet der archi¬ tektonische Aufbau keine Einheit mehr, sondern nur in schwarzgebeiztem Birnholz den Hintergrund der drei wohl eigenhändigen Hauptfiguren. Unter ihnen ist die Mittelstatue des hl. Leonhard nur durch ein überhöhendes Postament und zwei Engelpagen mit den Attributen des Heiligen leicht betont. Mit einer Schlichtheit und bannenden Ausdrucksgewalt, in der sich die Erfahrungen eines ganzen Menschen- und Künstlerlebens vereinigen, steht der Mönch mit nachdenklich ge senktem Haupt, deutend erhobener Rechten, ein Buch im linken Arm, den Fuß leicht vorgesetzt, so da, als wolle er sich predigend an die Menge wenden und hielte noch inne, um die ersten Worte zu bedenken. In dem alternden, gedanken¬ durchleuchteten Gesichte ist alle physische Energie vergeistigt, die momentane Hand¬ lung in stille Betrachtung verwandelt. Die von einer gewölbten Nische umfangene Gestalt ist als Freifigur allansichtig gebildet und spricht ihren geistigen Gehalt am reinsten in der Profilansicht aus; denn sie war nicht allein zur frontalen Betrach¬ tung als Wand-, sondern auch als Prozessionsfigur gedacht; als solche wurde sie in meisterlicher Schnitztechnik tief unterschnitten und dadurch leicht gemacht. In diesem Meisterwerke wird dem Bildhauer der Geist mittelalterlicher Überlieferung in einer Tiefe zueigen, die jede Bindung an den Zeitstil verliert. Beiderseits des hl. Leonhard behaupten sich die im Altarverbande leicht vor¬ tretenden Seitenfiguren der Heiligen Sebastian und Pantaleon durch größeren plastischen Reichtum. Pantaleons landsknechthaftes Ausschreiten steht im Gegen¬ satz zur Pein seines Martyriums mit den aufs Haupt genagelten Händen. Die Bahnen seines Überwurfes, der sich um die Hüften und die erhobenen Arme, aus der Raumtiefe wie Kaskaden hervorbrechend, lose schlingt, vermehren den räum¬ lichen Reichtum dieses Bildwerkes. Zu diesen lauten Tönen kontrastiert die Darstellung Sebastians: Sie erhebt sich nicht mehr in wiegender Schlankheit wie eine Blume, die sich der Sonne erschließt, wie Guggenbichler selbst dieses Thema in seiner Jugend gebildet hatte (Decker, Barockplastik I., Abb. 121, 123). Im Alterswerk dagegen neigt sich nicht allein das Haupt, sondern auch der Sinn des Sterbenden still dem Tode zu; um diesen ruhigen Mittelpunkt aber ergeben die Gliedmaßen eine leise Rotation: Die Wendung der Beine, die schon zu knicken scheinen, der über den Kopf umfangend gelegte gefesselte rechte und die sinkende Gebärde des die Hüfte begleitenden linken Armes. Wenn aber das Haupt Rosaliens am Mondseer Sebastiansaltar jüng¬ linghafte Züge trägt, so schwimmt das todgeweihte Haupt des hl. Sebastian in fast mädchenhafter Weichheit. Beider Züge sind einander geschwisterlich verwandt. So sinkt das Schaffen des Meisters, immer leisere Töne wählend, in die Schatten des Alters. Noch flammt an der Gestalt des hl. Pantaleons das Zauber¬ feuer der bunten Fassung in blauen und grünen Tönen auf. Noch hüllt sich der 114

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