OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Decker: Die Altarswerke Meinrad Guggenbichlers Die Hauptwerke von Guggenbichlers Altersstil sind fast alle auf Grund von Gelübden entstanden, die im Pestjahre 1713 für die Errettung von Personen und Gemeinden abgelegt wurden. Unter ihnen ist der Pestaltar in Munderfing (1714) nicht mehr zu beurteilen, da er vor wenigen Jahren mit glänzenden Lackfarben bunt angestrichen worden ist. Zu voller Bedeutung erhebt sich noch heute der große inschriftlich 1714 datierte Sebastianaltar der Mondseer Stiftskirche, ob¬ wohl er vor einem Südfenster dieses Raumes stehend kaum je angemessen beleuchtet ist. Sein Aufbau entfaltet sich in gotischer Schlankheit zu Seiten eines Gemäldes. Neben schlanken Säulen, um deren glatte Schäfte (vgl. Michaelbeuern, Hochaltar) sich Lorbeer rankt, stehen auf Konsolen die Schreinwächter, die Heiligen Rochus und Rosalie; der Meister hat sie dadurch zu Gruppen erweitert, daß er ihnen himmlische Pagen als Begleiter beigab; einer entblößt die Pestwunde des heiligen Rochus, der andere reicht Rosalie einen Totenkopf. Da sich beide Hauptgestalten der Mitte zuwenden und die Engel an den Außenseiten hinter ihnen hervortreten, verschrauben sich beide Gruppen in schlanker Bewegtheit. — Viel fülliger, breiter und noch pathetischer hatte Guggenbichler solche Schreinwächtergruppen an seinem Rosenkranzaltar in St. Wolfgang (1706) aufgebaut. — Über diesem noch konven¬ tionell gebildeten Hauptgeschosse löst sich die Architektur des Oberteils zu immer luftigeren Gebilden auf: Innerhalb eines Aufsatzbogens thront der hl. Florian, eine besonders zarte, vom Licht überspülte Erscheinung, welcher die beiden sym¬ bolischen Frauengestalten des Glaubens und der Liebe zur Seite treten und die von einer Fülle fliegender kränzetragender Engelkinderumspielt ist. Als Fiale dieses schlanken Aufbaues steht zu oberst eine Schutzengelgruppe; sie verleugnet durchaus die traditionelle Form, die der Meister selbst in den kürzlich aufgefundenen Freifiguren von Michaelbeuern (um 1692) und am Rosenkranzaltare in St. Wolf¬ gang (1706) gebildet hatte: Dem geschlossenen plastischen Aufbau der früheren Werke wird nun eine nervös zerflatternde Komposition entgegengesetzt. Die eigenhändigen Plastiken dieses Altares, Rochus und Rosalie, formen in erschütternder Weise die über das Zeitliche erhobene geistige Schau des alten Meisters; Rochus erhebt sich in der Gewißheit seines Todes in sprechend einfacher Haltung zum Göttlichen. In seiner erhobenen Linken scheint die Last des Irdischen federleicht zu wiegen und sein von der Vergänglichkeit gezeichnetes mageres Gesicht sieht mit großen weiten Augen wirklich den Himmel offen — Geist in zerbrechender Hülle. Die hl. Rosalie ist als die scheue Einsiedlerin vom Monte S. Pellegrino bei Palermo mit fast eckigen Bewegungen, jünglingshaftem, träumerisch gesenktem Haupte und rosenbekränztem Haar gebildet. Die Kontrastparallele beider Ge¬ stalten, das Empor des Rochus und das Herab Rosaliens, sind formal nur leicht angedeutet, schwingen aber in der Stimmung der ganzen Figuren mit. Ihre Fassung benützt bunte Akzente nur ungemein sparsam, um die Bewegung zu klären. Das Gewand besitzt keinerlei Eigenleben mehr; es fließt dünn und nur an den Säumen unruhig gewellt um den Leib und läßt die für die Bewegung ma߬ 113

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