OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter gaukelnden Engelköpfen dieses Altares; auch am Überbau der benachbarten „Zelle des hl. Wolfgang“ sind es Engelkinder, die in meisterlichen Flugdarstellungen diese Zelle mit Blumenketten kränzen, die Attribute des Heiligen vorweisen oder aufjubelnd das barocke „Sursum corda“ des Geistes verkörpern. Der gleiche Nachglanz weltzugewandten barocken Frohsinns spricht aus der nunmehr wieder in Salzburger Privatbesitz aufgetauchten Freifigurengruppe einer hl. Familie, die ursprünglich einer Kapelle in Zell am Moos angehörte; liebevoll hat der Meister in intimem Format Thomas Schwanthalers Bildwerke im linken Schrein seines Doppelaltars (1675/76) von St. Wolfgang zu einer lockeren Kom¬ position von zwingendem Reiz weitergebildet. Der rundlich gestaltete Heiland¬ knabe schreitet inmitten seines Elternpaares energisch aus, so daß sein Schwung die feingliedrigen Gestalten der beiden Erwachsenen in schlenderndem Wander¬ schritte mit sich zieht. Der liebenswerte Humor, der Guggenbichlers Werke so volkstümlich macht, äußert sich in diesem um 1710 entstandenen Spätwerke mit entwaffnender Unbefangenheit. Die Grundstimmung der Alterswerke Guggenbichlers ist aber ernste Versen¬ kung, die sich zur Schau ins Jenseitige erhebt. Dieses Thema wird an den lebens¬ großen Freiplastiken in Valentinshaft (1711?) trotz ihrer Beschädigungen dadurch besonders anschaulich, daß der Schmerzensmann eine Übersetzung der berühmten Statue in St. Wolfgang (1706) in den Altersstil ihres Meisters ist, während die zugeordnete Schmerzhafte Muttergottes deutlich die geschlossenen Formen der Trauernden des Kreuzaltares in St. Wolfgang (1706) weiterbildet. Der Vergleich der beiden Werkpaare zeigt den innerhalb eines Lustrums vollzogenen Wandel zum ausgesprochenen Altersstil: Jede Schaustellung des Leids, jede sichtbare Be¬ ziehung zum Beschauer wird vermieden. Die Körper werden hager, ihre Haltung versunken, die Gesten sparsam, aber adeliger und ausdrucksvoller. Der schönheit¬ liche Glanz, der an den Jugendwerken Guggenbichlers hinreißt, schwindet. Maria ist nun eine verhärmte Leidträgerin aus dem Volke; wie ausdrucksvoll wirkt in¬ mitten des Gewandes die Vereinigung ihrer gerungenen Hände! Auch im Hei¬ landshaupte hat sich der Ausdruck zu letzter Tiefe gesammelt. 1712 hat Guggenbichler unter wesentlicher Mithilfe seiner Werkstatt den Haupt- und die beiden Seitenaltäre in Oberhofen vollendet; die an eigenhändigen Spätwerken sichtbaren Stilmerkmale erscheinen hier verwässert. Über diesen Durch¬ schnitt erheben sich jedoch die exstatisch bewegten Kriegergestalten der beiden „Wetterherren“, der Schreinwächter des Hochaltares, und die ausgezeichneten Pilgerfiguren, die Heiligen Sigismund und Rochus, am gut beleuchteten linken Seitenaltare. Die feingliedrigen Gestalten erreichen eine Leichtigkeit der Be¬ wegung, die jeden Ausdruck mit einem Mindestmaß an Mitteln bildet. Dieses Kennzeichen gilt besonders für die schlanken Apostelstatuetten am Kelche der Kanzel. Während sich ähnliche Kleinbildwerke an der Mondseer Kanzel (1684) in leidenschaftlichem Ringen und in Lochen (1709?) noch großartig pathetisch ent¬ falten, wirkt hier die Form selbstverständlich, schlicht und tief. 112

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