OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Oberösterreichische Heimatblätter In den Jahren 1679 —84 hatte Guggenbichler in der Gestaltenwelt von fünf bedeutenden Altarwerken für die Mondseer Stiftskirche in unversiegbarer Er¬ findungsgabe hymnisch beschwingte Musikalität im Gewande einer fast romantisch traumhaften Stimmung Form gegeben. — Den Stil seiner Mannesjahre ent¬ wickelte er 1684 —91 in den monumentalen Plastiken seiner Hochaltäre von Irrs¬ dorf und Michaelbeuern sowie in den Mondseer Kanzelplastiken zu einem viel¬ stimmigen großen Pathos, das von der Vereinigung geistiger Macht und leiblicher Größe der noch erdgebundenen Gestalten von Irrsdorf und dem mächtig in den Raum ausgreifenden Kanzelheiland von Mondsee sich zu dem ekstatischen Schwung seiner Plastiken in Michaelbeuern — den ersten Schwebefiguren des alpenländischen Barock — verklärte. In den Kriegs- und Notjahren um 1700 versiegte des Künstlers eigenhän¬ diges Schaffen. Auf dieser Strecke seines Lebens ist uns auch bezeichnender Weise sein Werk nur lückenhaft erhalten; dagegen gewann es seine entscheidende seelische Vertiefung an den bedeutenden Leistungen, die der Meister im Auftrage des Mond¬ seer Abtes bis 1706 für die Wallfahrtskirche von St. Wolfgang zu vollenden hatte. Diese Bildwerke durften und mußten vor den bedeutendsten Denkmälern alpenlän¬ discher Plastik — neben Michael Pachers Choraltar von 1471 —81 und Thomas Schwanthalers Doppelaltar von 1675/76 —zwar nicht maßstäblich, wohl aber geistig bestehen. In diesem befeuernden Wettbewerb mit der Vergangenheit er schlossen sich Guggenbichler die tiefsten Werte alpenländischer Bildhauertradition und sein eigenes Schaffen entfaltete sich zu schlichtem Ernst und einer seelischen Ausdrucksgewalt, die es allen barockzeitlichen Bindungen entrückt und ins Zeit lose erhebt. Schon an diesen Werken um 1706 begann Guggenbichler bzw. in dessen Auf¬ trag sein Faßmaler, die Farbe der kostbaren Meisterfassungen in einem anderen Sinne als Element des Ausdruckes anzuwenden, als dies der Meister selbst bis¬ her und die Künstler seiner Umgebung mit ihm getan hatten: War seit etwa 1660 die Fassung hochbarocker Bildwerke durchwegs auf den Gegensatz der lebensnahen Farben des menschlichen Körpers zu der mystisch leuchtenden Glanzvergoldung der Gewänder abgestellt gewesen, so begannen bereits Guggenbichlers Plastiken in St. Wolfgang in diesen Zweiklang bunte Farben einzubeziehen. Auf Gold- und Silberfolien wurden in transluziden Lasuren edelsteinhaft glänzende Farb¬ schattierungen aufgetragen, die keineswegs stofflicher Charakteristik dienen. Sie stellen vielmehr schon technisch, aber auch ihrer Wirkung nach eine Wieder¬ aufnahme jener kostbar abstrakten Fassungsweise dar, die der alpenländische Manierismus des späten 16. und des frühen 17. Jahrhunderts absichtsvoll ge¬ wählt hatte. Nach 1706 beginnt diese Farbgebung des Meisters Werke geradezu der Lebensnähe zu entrücken und zu märchenhafter Wirkung zu verzaubern. Hatte die hochbarocke Fassung eine sakrale Erhabenheit der Plastiken geschaffen, so bildete die gleißende Buntheit der neuen Farbgebung einen Bereich ahnungsvoller stim¬ 110

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