OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 2

Decker: Die Altarswer Meinrad Guggenbichlers D Die Alterswerke Meinrad Guggenbichlers Zum 300. Geburtstage des Künstlers Von Heinrich Decker (St. Konrad bei Gmunden) Das mit etwa dem 60. Lebensjahre einsetzende Alterswerk bedeutender Künstler stellt zumeist einen resignierten Abgesang ihres Schaffens dar, der aber eine Vertiefung zu metaphysischer Schau erfährt, die erst ganz reifen Menschen zufällt. Meist lassen sich Stil und Bedeutung des Altersschaffens aus dem vor herigen, im wesentlichen abgeschlossenen Lebenswerke des Künstlers fast restlos herleiten. Dagegen steht der Altersstil des „Bildhauers von Mondsee“ seinen vor herigen Werken gegenüber so selbständig und in so hoher entwicklungsgeschicht¬ licher Eigenbedeutung da, daß seine gesonderte Betrachtung nicht allein sinnvoll, sondern notwendig wird. Durch seine Alterslage und sein Können war Meinrad Guggenbichler dazu bestimmt, die Entwicklung der hochbarocken Plastik der östlichen Alpenländer in führender Stellung zu vollenden. Der in Maria Einsiedeln geborene und in den Südalpentälern der Schweiz und Oberitaliens zu einem virtuosen Bildschnitzer ge¬ schulte junge Künstler vereinigte schon in seinen ersten Werken die von italienischen Anregungen gespeiste städtische Kunsttradition Salzburgs, der Residenz des Pri¬ mus Germaniae, mit den bodenständigen Überlieferungen der im Innviertel seit dem Spätmittelalter blühenden Holzbildhauerkunst. Guggenbichlers Schaffen setzte in dem bedeutsamen Jahre 1675 ein, in welchem Salzburgs Kunst in Jakob Gerolts Hochaltar von Maria Plain und die Plastik des Innvietels in dem mäch tigen Doppelaltar Thomas Schwanthalers von St. Wolfgang dem Hochbarock die ersten ragenden Siegeszeichen errichtet und damit seiner Fortentwicklung den Grund gelegt hatten. 1679 besiegelte Guggenbichler durch seine Übersiedlung nach Mondsee seine Verbindung mit dem dort blühenden ältesten Benediktinerstifte des Landes ob der Enns, das forthin sein wesentlicher Auftraggeber wurde. Zugleich aber verband sich der rasch zu weitreichendem Ruhme aufsteigende junge Meister der Tradition des Kunstschaffens dieses Stiftes, das vermöge seiner geographischen Lage eine höchst bedeutsame selbständige Stellung zwischen den Kunstlandschaften Salzburgs, des damals noch bayrischen Innviertels und des Landes ob der Enns inne hatte und überdies noch im Sinne der mittelalterlichen kulturellen Autarkie der ein¬ zelnen Klöster dahin strebte, seine Kunst aus eigenem Geist und eigenen Mitteln zu gestalten. Die benediktinische Tradition, der schon Guggenbichlers Vater als Bildhauer in Einsiedeln verbunden gewesen war und der sich Meinrad in Mondsee erneut anschloß, schenkte seiner Kunst jenes Element weltoffener geistiger Erhebung, das einen wesentlichen Teil ihres Wertes ausmacht. 109

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