OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 1

Oberöstereichische Heimatblätter aus natürlichen Gründen die volkstümliche Bauweise (nicht die Architektur)! Weil das Heimat¬ gefühl, die Liebe zu einem überschaubaren, gleichsam persönlichen und charaktervollen Land schaftsraum auch heute noch und auch in Zukunft die Grundlage unserer Lebensart und unseres Daseins ist, soll diese Heimatlandschaft in unserer intellektuellen Welt nun auch bewußt als gemeinverständlicher Leitgedanken und ordnende Kraft im Mittelpunkt des einfachen Baugeschehens jenseits der hohen Baukunst stehen. Das Heimatbewußtsein, die Sehnsucht nach einer schönen Heimat, ist im Vordringen und wohl auch in der Stadt wie auf dem Lande haben die einfachen Menschen in steigendem Maß das Bestreben, wieder Mundart zu sprechen und Tracht zu tragen, nicht Ladenhüter der Konfektions¬ mode zu sein, auch beim Bauen! Das natürliche Gefühl für Echt und Unecht ist aber verschüttet durch den Wirrwarr der städtischen Krampfarchitektur des letzten Jahrhunderts. Der einfache Bauhandwerker schaut nun einmal zur städtischen Baukunst als Vorbild auf, das er heute wie je nachzuahmen sucht und dessen Formenwelt sich nach Jahrzehnten auf dem Lande als „gesunkenes Kulturgut“ in Mundart, Tracht und Volkskunst ausbreitet. Wie dieses „Kulturgut“ heute be¬ schaffen ist, zeigt uns Prof. Franz Schuster in seinem Buch „Der Stil unserer Zeit", in einem chaotischen Gepräge an Beispielen namhafter Baukünstler und weist als einzig gangbaren Weg aus diesem Chaos das Suchen nach den einfachen Grundformen. Für die einfachen Baudinge, die von Natur aus an Mundart, Tracht und Brauch geknüpft sind, versucht nun jede Baufibel diesen Weg vom Leitgedanken der Landschaft her zu gehen und die für diese Landschaft typischen Grundformen zu finden und die oft landschaftsfremden und überlebten Trugformen auszumerzen. Bei der zwingenden Einfachheit dieses Gedankens muß man sich wundern, daß er überhaupt mißverstanden, angefeindet und diskreditiert werden kann, wobei leider Methoden zur Anwendung kommen, die nicht im Sinne einer aufbauenden Arbeit und sachlichen Kritik liegen. Die österreichischen Baufibeln haben es schwerer als die bayrischen Landschaftsfibeln, die in sehr knapper und einfacher Form gehalten werden können, weil ihnen als Grundlage die „Baugestaltung“ von Erdmannsdorfer und die jahrzehntelange Bauberatung des bayrischen Heimatbundes vorangegangen ist, weil ihnen ferner viel eindeutigere Landschaften zugrundeliegen als es die unserer Bundesländer sind und weil man schließlich in Bayern ganz allgemein bayrisch, in Schwaben schwäbisch und in Franken fränkisch bauen will. In Österreich ist aber, schon vor 1938, ein Mischdialekt eingebrochen, auch dort, wo man die Absicht hat, bodenständig zu bauen. Mißverstandene tirolische, oberbayrische und schweizerische Motive, darunter Trugformen und Kitsch reinster Art, werden zu einem „Alpenstil“ vermischt und teils durch zeitgenössische Mode spielerei vergröbert, teils durch mitteldeutsche und schwäbische Formen verfeinert. Diese ver¬ drängen aber das österreichische, alpen-donauländische Gepräge, eine Begleiterscheinung der an sich vorzüglichen Stuttgarter Schule. Die „Steirische Landbaufibel“ unternimmt es zunächst einmal, in Wort und Bild zu zeigen, was steirisch ist. Kritikern sei bei dieser Gelegenheit gesagt, daß sie sich ausdrücklich Landbaufibel nennt! Sie wird schon allein dadurch zu einem baulichen Heimat¬ buch, dessen typenbildende und ordnende Kraft jedermann nach 20 bis 30 Jahren wird feststellen können. Mit solchen Mindestzeiträumen muß der Heimatpfleger und Landschaftsbaumeister rechnen. Die Steirische Landbaufibel spricht aber auch unmittelbar bauberaterisch eine deutliche Sprache, indem sie zunächst, ganz ähnlich wie das auch alle anderen Baufibeln tun müssen, die ganz offenkundigen und allgemeinen Unanständigkeiten und Formlosigkeiten, die im Bauen der letzten Jahrzehnte eingerissen sind, z. B. schlechte Anbauten, Dachkobel usw. bloßstellt. Unmittelbar folgen dann Gegenüberstellungen von echten bodenständigen Grundformen und üblichen pseudo¬ alpinen Trugformen, Beispiele für Einzelheiten in gediegener landschaftsgemäßer Gestaltung und zum Teil sehr, vielleicht zu ausführlich behandelte Einzelbeispiele ländlicher Häuser und Läden Die Kritik von Architekten diesen Vorschlägen gegenüber darf nicht tragisch genommen werden, denn jeder würde es natürlich anders machen. Sie sollen es sa auch gar nicht so machen, sondern das sollen die Hunderte von Bauhandwerkern tun, die nicht theoretisch an Einzel¬ objekten, sondern praktisch in der Masse bauen. Es wird sicher besser sein, wenn diese ihre

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