Oberösterreichische Heimatblätter schen Walde, Oberstdorf im Allgäu und Eberbach am Neckar. Es waren meist abgelegene und verträumte Waldgebiete und Gegenden mit einer reichen Fülle historischer Erinnerungen, die Schöberl am stärksten anzogen. Industriegebieten, Großstädten, aber auch dem Hochgebirge im engeren Sinne ging er aus dem Wege. Als Schöberl nach Erreichung seines 60. Lebensjahres im Jahre 1933 in die Pension ging, war er, wie ich aus seinen Erzählungen weiß, lange Zeit unentschlossen, wo er den Rest seines Lebens verbringen sollte. Schließlich fiel seine Wahl auf die Universitätsstadt Graz. Dort hoffte er alles zu finden, was seinen Lebensabend schön zu gestalten versprach. Er besuchte zahlreiche Vorlesungen aus Geographie und Geschichte, er ging oft ins Theater und in Konzerte, war er doch sehr musikalisch und spielte mit Vorliebe Haydn, Mozart und Beethoven. (Penck hat sich übrigens, wie ich bei einer persönlichen Begegnung mit dem großen Gelehrten auf dem Gipfel des Schweizer Säntis erfahren konnte, noch als Achtzigjähriger des Lieblingsliedes erinnert, das Schöberl als sein Schüler mit Vorliebe gesungen hatte). Anfangs fühlte sich Schöberl in Graz sehr wohl; er schrieb mir oft lange und begeisterte Briefe über den Inhalt der gehörten Vorlesungen. Dann aber kamen Krieg, Kriegsnöte und Bombardierungen der steiermärkischen Landeshauptstadt. Dieser harten Zeit des letzten Krieges, die er nie mehr überwinden konnte, galt vielleicht Schöberls einziger Haß. Jahr für Jahr stärker erwachte in ihm die Neigung zu seinen besonderen Lieblingen unter den Kulturlandschaften — zur Kleinstadt und zum Bauernlande. Das Innviertel mit seiner friedlichen Stelzhamer-Landschaft, die Behaglichkeit der halbbäuerlichen Gasthäuser Rieds und seiner Umgebung standen immer wie¬ der wie ein schöner Wunschtraum vor seinem Blick. Als sein Auge schon nahe dem Brechen war, sprach er sogar noch den Wunsch aus, in Ried, in seiner geliebten Innviertler Lebensheimat, zur letzten Ruhe bestattet zu werden. Knapp vor Allerheiligen — am 30. Oktober 1948 — entschlief der schon lange hoffnungslos Erkrankte, ohne daß er sich je der Schwere seines Leidens bewußt war. Eine „geheimnisvolle Krankheit“ sagte er noch einen Tag vor seinem Tode zu einem guten Freunde, der von ihm Abschied nahm .. Schöberls Stärke waren sein großes pädagogisches Talent, seine tief ausgeprägte Fähigkeit, nicht nur Geographie und Geschichte, sondern auch Wissenschaft und Kunst zu einem organischen Ganzen zu formen. Der junge Schöberl war der bedeutendste Heimatlehrer, den ich in meiner Studienzeit kennen lernte. Ich hatte Schöberl nicht als Geographie- und Geschichtslehrer, sondern als Professor der deutschen Unterrichtssprache, aber auch auf diesem Gebiete waren die Vorträge, die er in der Schule und auf Wanderungen hielt, Musterbeispiele pädagogisch trefflich aufgebauter Heimatkunde, so z. B. der Dorf- und Bauernhofforschung. Als jungen Obergymnasiasten hatte mich Schöberl dazu ausersehen, sein Begleiter auf Wanderungen durch das Innviertel und andere Gebiete Oberösterreichs sowie durch die alt¬ bayerischen Lande zu werden. Ich wurde so stufenweise sein begeisterter Schüler, sein Wander genosse und schließlich sein Freund. Schöberls nicht umfangreiche, aber doch ausgezeichnet auf¬ gebaute Privatbücherei stand mir zur freien Benützung offen. Theodor Storm und Gustab Frenssen, Wilhelm Raabe und Adalbert Stifter waren die Lieblinge meines Lehrers. Was für mich aber viel mehr bedeutete, war, daß ich durch ihn auf die Schriften Wilhelm Heinrich Riehls aufmerksam gemacht wurde, vornehmlich auf dessen Wanderbuch, das ich von Schöberl zur Lektüre bekam. Heute ist mir völlig klar, daß das Studium des Riehl'schen Wanderbuches auf mich nie den starken Eindruck gemacht hätte, wenn meine Wanderfahrten, zu denen mich Schöberl Woche auf Woche, Ferien auf Ferien einlud, nicht auch Natur- und Kulturfahrten ganz im Sinne W. H. Riehls gewesen wären. Ich kann hier alle diese Wanderfahrten nicht vollzählig nennen, aber die Braunauer Stefanskirche, der Stadtplatz in Mühldorf, die stolze Burg zu Burghausen, die Bischofstadt Passau, die Burgen des Bayrischen Waldes, des Donautales und am oberen Kamp im Wald¬ viertel, das altehrwürdige Zisterzienserstift Zwettl, die Schau vom Gmundnerberg, Streifzüge
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