Oberösterreichische Heimatblätter Wie schade wäre es etwa, wenn die alten Handwerkssprüche der Zimmerer um aus der Fülle handwerklichen Brauchtums ein Beispiel herauszustellen Vergessenheit gerieten! Diese Sprüche, einstmals bei jeder Dachgleiche samt den mit bunten Bändern geschmückten Bäumerln und einem kräftigen Trunk eine Selbstverständlichkeit, in unserer nüchternen und hastigen Zeit immer mehr abgekommen, ja da und dort schon völlig verloren gegangen. So schönen alten Brauch wieder zu beleben, sei jedem Bauherrn und jedem Meister ans Herz gelegt. Aus den Sprüchen klingt immer wieder der berechtigte Stolz auf das ehrsame Handwerk, das man freilich ohne viel geschichtliche Bedenken und Herzensbeschwer auf Noa zurückführte. Es schwingt aber darin auch viel Lebensfreude mit etwas Selbstbespöttelung; den Schluß macht immer die Aufforderung an den Bauherrn, sich seinen braven Zimmerleuten mit einer ordentlichen „Mahlzeit“ erkenntlich zu zeigen oder, wie man es früher nannte, ihnen „eine Ergötzlichkeit zu gewähren“. Wir lassen hier drei solcher Zimmersprüche, mitgeteilt durch Herrn Franz Tischberger in Oberwagram, Gemeinde Naarn, folgen: Zimmermann bin ich genannt, ich reis' durch Fürsten- und Grafenland, ich arbeit bei Meister und Geld, wo und solang es mir gefällt. Ich möcht gern was probieren, geh' aber lieber spazieren. Ich iß als wie in Wien die großen Herrn Gebachenes und Gebratenes gern. Ich lieb, wenn's auch gleich nicht mein ist und auch nicht mein werden kann, so hab ich meine Lust und Freud daran. Drum sitz ich hier auf diesem Pfosten — das soll dem Bauherrn eine Mahlzeit kosten! Er möge uns bald laden ein: wir essen gern Sauerbraten und Schwein Geflügel und aller Art Fisch Nr26 und Bachwerk bringt zuletzt der Tisch. Dann mög' er uns Geigen und Pfeifen bestellen, Mädchen für Meister und Gesellen, auch auf junge Weiber nicht vergessen, 211 zu einem Tänzchen nach dem Essen! Es möge der Bauherr und die Herzliebste uns es fröhlich reichen, dann wird das Mahl uns gedeih'n.
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