OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 1

Bausteine zur Heimatkunde manchmal einen besonderen Tanz, ein „Bräutspiel“ genannt, anstellte. Jeder Laiper, der vor seinen Anvertrauten herging, trug eine Haselstaudengerte, die mit Bändern geziert war, in der Hand 2). Für den Hochzeitstisch im Gasthaus ist der Brautführer verantwortlich. Wenn getanzt wird — früher war das seltener als heute —, kommt zuerst der Ehrentanz, den nur zwei Paare tanzen: der Brautführer mit der Braut und der Menscherweiser mit dem ersten Hochzeitmensch. Der Brautführer übergibt die Braut dem Bräutigam zum Weitertanzen. Der Menscherweiser hat dann die Aufgabe, beim Tanzen Ordnung zu halten und vor allem die einzelnen Zechen einzuteilen. Zu vorgerückter Stunde wird meist die Braut gestohlen und in ein anderes Gasthaus gebracht, wo auf Kosten des Brautführers getrunken wird. Die Speisenfolge bei der Hochzeit war früher durch altes Herkommengenau geregelt. Die Hochzeit dauert bis über Mitternacht hinaus, manchmal bis in die frühen Morgenstunden. Bereits am Morgen erscheinen die Brautleute nach altem Brauch wieder in der Kirche. Die Ausstattung wird als „Primes“ (vielleicht vom lateinischen primitiae = Erstlinge) bezeichnet. Man unterscheidet eine einfache und eine doppelte Primes. Sie besteht heute aus Stehkästen, Schubladkästen, Tisch, Sesseln, Betten u. a. Die Kästen und Truhen sind gefüllt. Ihren Inhalt bildeten in alter Zeit vor allem Flachs, Leinwand, Säcke, Plachen, Wäsche, Zwirn u. dgl. Auch das „Primesführen“ ist eine feierliche Angelegenheit. Pferde und Wagen werden geschmückt. Tischler und Näherin sind anwesend. Die Betten werden vollständig zusammengerichtet und quer über den Wagen gestellt. Früher wurde auch beim Dr. J. Oberhumer (Linz) Primesführen geschossen. Von den Zimmerleuten und ihren Bräuchen Zu den wesentlichen Aufgaben unserer Heimatforschung gehört auch eine gründliche Bearbeitung der Handwerksgeschichte. Fortschrittliche größere Gemeinden unterhalten bereits seit Jahren ihre eigenen Heimathäuser und gestalten sie ständig aus. Die Aufsammlung heimatkundlich bedeutsamen alten Handwerksgerätes ist in solchen wissenschaftlichen Anstalten eine Selbstverständlichkeit. Aber auch unsere Archive sind noch reiche Fundgruben für handwerksgeschicht¬ liche Erinnerungen. Sie sind in dieser Richtung noch nicht annähernd ausgeschöpft, sondern harren fast überall noch der einschlägigen Bearbeitung. Eine weitere und nicht die unwichtigste Quelle aber ist die mündliche Über¬ lieferung; freilich fließt sie immer spärlicher, denn in unserem schnellebigen Ma¬ schinenzeitalter ist selbst das handwerkliche Brauchtum bereits im Erlöschen. Man sollte es daher vor dem Untergange bewahren und nach Möglichkeit neu beleben. In wenigen Jahrzehnten droht es sonst völlig aus Gedächtnis und Bewußtsein zu entschwinden. 2) Huemer, a. a. O.

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