OÖ. Heimatblätter 1949, 3. Jahrgang, Heft 1

Bausteine zur Heimatkunde Von Affn und Strauben In einem Teile des Innviertels heißen bestimmte Strauben auch Affn. Um zum Verständnis dieses seltsamen Ausdruckes durchzustoßen, müssen wir ein¬ mal zum Wort Straube selber Stellung nehmen. Treffend erklärt Schmeller1) diese Bezeichnung als „eine Art krauser Mehlspeise“. Die Strauben zeichnen sich eben ganz besonders durch die Unregelmäßigkeit und bunte Gezacktheit ihrer Form aus. Diese Erscheinung bringt die Straube in lebhaftesten Gegensatz zum Krapfen, der sich durch große Gleichmäßigkeit seines Außeren auffällig macht, worauf man aber auch Wert legt, während sich an der Straube das Auge um so mehr ergötzt, je runzeliger, höckeriger und zackiger sie ist. Um diese abwechslungsreiche Oberfläche zu erzielen, geht man mehrere Wege: 1. Die einfachen, aus Teigblättern ausgeradelten Strauben bekommen noch der Länge nach zwei bis drei Schnitte bis knapp an die Ränder; beim Einlegen in das heiße Schmalz hebt die Köchin die durch die Schnitte entstandenen Streifen aus der Ebene heraus, wodurch dem sich rasch versteifenden Gebäck besondere Ruppigkeit und Buckligkeit verliehen werden. 2. Noch auffallendere Unregelmäßig¬ keit, Zerklüftung und Knolligkeit der Oberfläche erreicht man, wenn man den Teig durch einen Trichter ins heiße Schmalz laufen läßt. Diese Form nennt man Trichterstrauben („Trachterstrauben“) 2). 3. Treibt man den Teig durch eine Spritze, so entstehen die „Spritzstrauben“ (Oberösterreich) 3). 4. Bäckt man die Trauben des blühenden Holunders, nachdem man sie in flüssigen Teig getaucht hat, rasch heraus, so zeigt das Backwerk eine außerordentlich borstige, rauhe und krause Gestalt; es heißt dann „Hulastraubn“. Ähnlich sind die Akazienstrauben, die um Radkersburg herum „Hildbuam“ genannt werden, ferner die „Schnee¬ ballen" u. ä. 4). Der Name Straube hängt mit unserem Zeitwort „sträuben“ zusammen. Das mittelhochdeutsche Eigenschaftswort strübe, strüp hieß soviel wie „rauh empor¬ stehend", „struppig“ (von Haaren, Federn, Flügeln); was sich sträubt (Haare oder Federn aufrichtet), ist also struppig. Also ist auch ihrem Namen nach die Straube eine rauhe, struppige, starrende Gebäcksform. Es gibt noch viele Mehlspeisen, die ihrer pudeligen Erscheinung den Namen verdanken, so die „Verirrten Gedanken“, ein straubenähnliches Backwerk, die „Verwurrte Gretele“ 5) (= krauses Wirrwarr), der „Struwel“ (zerriebene Kar¬ *) 2,774; schlecht kennzeichnet der Steirische Wortschatz von Unger -Khull, 582, die Straube, weil keine der drei Angaben das Hauptmerkmal nennt. 2) Unger-Khull 163, Schmeller Bd 2, S. 803, Alemannia Bd 18, S. 262; bei Hebel „Strüübli" 3) Als „Spritzgebackenes“ bei Schön, Saarbrücker Wörterbuch, 198, als „Stritzgebackenes“ ebenda 204. *) Unger-Khull, 551, Steirer Seppl, 25, 79, Alemannia 18, 262. 5) Schön a. a. O., 88. 67

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