Frischmuth: Das Landschaftserlebnis der Salzkammergutseen (1773—1881) Schafberg, von dem aus wir unseren Blick über neun Seen hinweg auf weite Teile von Oberösterreich, Salzburg und Bayern und bis zum Schneeberg bei Wien schweifen lassen (171). Dann aber nehmen wir an einem frühen Morgen Abschied vom Wolfgang-See, denn „wir wollen den Mondsee, den Attersee und den Gmündnersee an einem Tage befahren, ... um dem schönsten den Preis zu er¬ kennen. Wir müssen uns frühe zu diesen großen Wasserfahrten rüsten“. Vom Wolfgangsee zum Mondsee So fahren wir von St. Wolfgang hinauf zur Glashütte, vorüber am Falken¬ stein, wo einst „der heilige Vater Wolfgangus“ hauste und wo ein sechssilbiges Echo von den Wänden widerhallt. Durch Wiesen und prachtvollen Laubwald wandern wir gemütlich dahin. „Sehen Sie (173) hier den niedlichen kleinen See, umschattet von Hänkel¬ birken, die ihre Äste in seinen Wellen spiegeln? Haben Sie einen artigeren Bassin in irgend einem Parke gesehen? Und dort die herrliche kleine Felsenparthie, durch die unser Pfad sich hinauswindet über den Laubwaldhügel! Ist es nicht allerliebst hier? Kommt es Ihnen nicht vor, als hätte die Natur hier gespielt, als sie die großen Seen alle umher, und die mächtigen Felsenwände bildete? Kommt es Ihnen nicht vor, als hätte sie hier, . .. ihren modellen Saal aufgeschlagen, um dos, was sie draußen schuf im Großen, hier erst in niedlichen kleinen Modellen zu formen? ... meinen lieben kleinen Narren von See hier nennen die Bauern den Kröten-See! *) Wahrlich, der mußte selbst eine Kröte gewesen seyn, der ihn So wie der erste so nannte! ... Wie schön ist der Weg am Hügel hinauf ... wir den Gipfel ... erreicht haben, öffnet eine weite Aussicht vor uns sich gegen Norden. Der Mondsee, der lunae lacus, liegt vor uns halbmondförmig ausge¬ gossen. Seine beyden Hörner umfangen eine Kette von Hügeln. Am westlichen Es ist (174) ein Horne liegt das alte ... von Thassilo gestiftete Mondsee ... freundlicher grüner offener See, der nur im Süden, wo wir stehen, durch den Gipfel des Schafberges, durch die Felsenwände des Drachensteines und durch den dreygipfeligen Schober einige große Partieen erhält. Am schönsten werden Sie ihn finden, wenn Sie an dem nördlichen hügelreichen Ufer hinab von Mondsee bis an sein östliches Ende gen Undrach, wohl drei Stunden lang auf ihm hinschiffen. Da steigen alle diese Bergwände im Süden vor Ihnen empor, und die fade Nuseley von Hügelrücken, die das Thalgey im Westen um den See her bildet, verschwindet. Man fährt mit Segeln am Wolfgang-See; am Mondsee kann man aber nicht segeln, weil nie der Wind an einem Horne, wie an dem anderen bläst ... Wir wollen ... von Scherfling (175) gen Undrach hinabrudern. Da sieht uns der Drachenstein nach, der uns im Rücken bleibt: der Thurm von Lorenzen verschwindet uns bald mit seiner westlichen Ebene und wir sehen im Spiegel des Sees ver¬ doppelt die schroffe Kienbergwand, und das graue Steingebirg in der Ferne. Kreisend tanzen die grünen Wogen um uns, und schaukeln den hohlen Baum, der *) Krottensee.
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