OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter Die „Fleischbrücke“ in Grieskirchen Seit jeher war die Trattnachbrücke in Grieskirchen ein Sorgenkind der Grieskirchner Stadtväter. Die über die Brücke führende Straße hatte zwar bis in die letzten Jahre eine untergeordnete Bedeutung. Doch ist sie immer eine wichtige Zufahrtsstraße nach Grieskirchen gewesen. Bis zum Jahre 1890 war die jeweilige Trattnachbrücke aus Holz erbaut. Sie hatte einen Gewölbebogen, der so niedrig war, daß die Brücke große Fahr¬ zeuge, wie Heufuhren, nicht benützen konnten. Bis zur damaligen Zeit mußten solche Fahrzeuge entlang des Trattnachufers bis zur Höhe der heutigen Eisen¬ bahnbrücke durch die damals an dieser Stelle besonders seichte Trattnach den Weg von und zur Stadt Grieskirchen nehmen. Die Ein- und Ausfahrt erfolgte durch das sogenannte „Lederergaßl“ bei der heutigen Gerberei Leel (Roßmarkt 35). Die Trattnachbrücke in Grieskirchen hieß „Fleischbrücke“. Diesen Namen trug sie, weil in ihrem Gewölbe vier Fleischhauer der Stadt ihre Ver¬ kaufsläden aufgeschlagen hatten. Bezeichnend für die Preisgestaltung der da¬ maligen Zeit war es, daß der fünfte Fleischhauer der Stadt Grieskirchen, der seine Ware nicht bei der Fleischbrücke anbot, ein Pfund Fleisch um einen Kreuzer billiger verkaufen durfte. Die hölzerne Trattnachbrücke ruhte außer auf den Uferstützen auch auf zwei aus dem Flußbett ragenden, stämmigen Holzpfeilern. Für die meist wasserarme Trattnach waren diese Pfeiler kein Hindernis; zur Zeit der Schneeschmelze aber und bei starken Regengüssen überschwemmten die aus dem Hausruckgebiet kommen¬ den Wasserfluten vor Durchführung der Regulierungsarbeiten das weite Tratt¬ nachtal und dann bildeten die beiden Brückenpfeiler dem Wasserlauf ein großes Hindernis. Mehrmals wurde bei solchen Hochwässern die hölzerne Brücke von den Fluten weggerissen. Wo in nächster Nähe der Fleischbrücke heute das große Kanalrohr in die Trattnach einmündet, lief vom Roßmarkt aus ein breiter und einige Meter tiefer Graben in die Trattnach, durch den die Abwässer der Stadt in den Fluß geleitet wurden. Da hat es sich öfter zugetragen, daß versehentlich in der Brauerei die Gerste in das Abflußrohr auslief. Rasch sprach sich das jedesmal in der Stadt herum und arme Mitbürger haben es nicht verabsäumt, um sie dort aufzufangen und sie zur Fütterung ihrer Haustiere zu verwenden. Im Jahre 1890 baute eine Wiener Firma eine neue Brücke in Eisen¬ konstruktion. Sie war 25 Meter lang und auf der Fahrbahn etwa 3 Meter breit; außerdem hatte sie auf der Westseite einen 1 Meter breiten Gehweg. Diese Brücke wurde in ihren Teilen in Wien fertiggestellt und in Grieskirchen an Ort und Stelle vernietet. Auf Widerlagern gestützt, hatte sie keine Pfeiler, so daß auch hohe Fluten ungehindert durchfließen konnten. Selbst ein hoher Wasserstand erreichte ihre Ebene nie. 362

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