OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Oberösterreichische Heimatblätter volkswirtschaftlicher und politischer Aufgaben begründet und glaubt darin die frühesten Keime des beginnenden Verfalls im mittelalterlichen Städtewesen zu erkennen. Diese Erscheinung war einstmals für die Forschung so auffallend, daß sie in der heiß umstrittenen städtischen Entstehungsfrage zur sogenannten hof¬ rechtlichen Theorie geführt hat, also zur Annahme der Entwicklung aus einer Burg, während man heute in dem Marktrecht die entscheidende Keimzelle zu erkennen glaubt. Die Stadtherren waren in allen Führungsschichten des Mittel¬ alters zu suchen. An ihrer Spitze standen zunächst die Bischöfe, weiters die Könige, in späterer Zeit auch die Landesfürsten und mit bescheidenen Ansätzen die übrigen Grundherren. Die Geschichtsschreibung spricht deshalb von Königsstädten, Bischofsstädten, landesfürstlichen und grundherrschaftlichen Städten 7) Eferding war eine Bischofsstadt. Außerst plastisch lassen sich die historischen Hauptlinien der passauischen Zeit herausarbeiten. Der Herrschafts¬ bereich der Bischöfe lag vor allem in Österreich. Neben der Obsorge für den Glauben war dem mittelalterlichen Kirchenfürsten die Sorge um seinen weltlichen Besitz von gleicher Wichtigkeit und Bedeutung, denn nur als Grundherr konnte er sich behaupten. Mit Bischof Piligrim (971 — 991) setzte die machtvoll geplante politische Arbeit der Passauer entlang der Donau nach Osten ein. Eferding war ein Baustein in ihrer Konzeption. Es sollte ein hervorragender wirtschaftlicher Ort werden, ein Konkurrenzmarkt für die landesfürstlichen Städte 8). Deshalb die großzügige Anlage des Hauptplatzes! Das Kapitel tagte oftmals hier, mehrere Urkunden der päpstlichen Kanzlei schlossen seit 1189 mit der Datierung: acta März 1231 ist in sunt ... ad capitulum Everdingen. Eine Urkunde vom 7 diesem Zusammenhang besonders aufschlußreich. Hermann, der Sohn Dietmars von Porsinbrunn, bekam damals vom Vorsteher St. Florians einen Hof in Raffel¬ ding als ius coloni. Neben der jährlichen Steuerleistung, die dafür vertraglich abgemacht wurde, mußte er zusätzlich den Florianer Herrn begleiten und ihm ein Pferd beistellen, wenn das Bischofkapitel in Eferding tagte. Dieses Pergament muß unsere Vorstellungskraft bewegen. Es zeigt, daß Reichtum, Prunk und hohe Politik oftmals Einkehr in unsere Stadt gehalten haben. In den ruhigen Zwischen¬ zeiten saßen im Fronhof die bischöflichen castaldi und yconomi, Burghüter und Wirtschafter. Ein Name kann festgehalten werden in Chunrad von Hartheim, der 1255 die Burghut des Eferdinger Schlosses verliehen bekam und verpflichtet wurde, drei Burgmannen (castellani) und zehn gerüstete Bewaffnete (armaturae expeditae) zu halten. Diesem ersten Wachstum drohte jedoch einé ständige Gefahr von außen, es entsprach nicht den natürlichen Grundlagen. Wohl war die Lage der Stadt günstig, aber das notwendige Hinterland fehlte, das Territorium, in dem sich das bürgerliche Gemeinwesen hätte unbekümmert entfalten können. Gleich 7) Vgl. G. v. Schmoller, Deutsches Städtewesen in älterer Zeit (Bonn und Leipzig 1922), S. 129 ff.; C. v. Schwerin, Grundzüge der deutschen Rechtsgeschichte, 2. Aufl. (Berlin 1941), S. 231. 8) Siehe J. Lahusen, Zur Entstehung der Verfassung bairisch-österreichischer Städte, Ab¬ handlungen zur Mittleren und Neueren Geschichte Heft 5 (1908) S. 41. 294

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