OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Kastner: Krippenschnitzer aus dem Salzkammergut Krippenfigürl herstellten. Aber schon 1910 gibt es in diesem weiten Bereich nur mehr drei Familien, insgesamt sieben Menschen — meist alte Personen — in Nach dem See und in Neukirchen mit einem Durchschnittslohn von wöchentlich etwo 3 Kronen 67 Hellern (für das Dutzend 70 bis 80 Heller). Im Raume Pühret wohnte als letzter der um 1915 verstorbene Ignaz Hamberger, genannt „Kohlbrenner Naz“, dessen Manderln, früher auch für die Ausfuhr nach Böhmen, Wien und Ungarn, ja den Balkan bestimmt, heute in größeren Beständen bei Segna (Neukirchen), Gaigg (Pühret), dem Verleger Pesendorfer (Ebenzweier), Barwig (Altmünster), in Eben und Ort und bei unzähligen Kleinkripplern zu sehen sind. Als letzter Schnitzer dieser immer noch sehr beliebten - weil auch billigeren — Figuren, die früher auch mit Puppen und Docken zugleich geschnitzt wurden, wie heute noch bei Lehner in Neukirchen in zwei Größen, ist Alois Reiter, genannt Lueger, zu nennen, dessen Besteller hauptsächlich die bäuerlichen Kreise der Ebner- und Pinsdorfergegend sind, deren Manderlhunger zu befrie¬ digen Reiter nicht Zeit genug besitzt. Die Familie Harringer hat in Neu kirchen wie im Mühlgraben nahe Winkl vor allem den Bau beweglicher Kripperl¬ figuren gepflogen und so der „Gschwandthäusl“-Krippe einen weiten Ruf ver¬ schafft. Erinnern uns die auf Massenerzeugung abgestimmten Figürchen der Dutzendschnitzer an die Wetterhäuschenfiguren, die samt den Häuschen ja auch hier erzeugt wurden, so sind leider die Krippenfiguren des schon genannten In¬ validen, Kapellmeisters und hochtalentierten Schnitzers Bruckwies Naz sehr selten geworden. Er ist 1825 geboren und starb 1880. Er hatte nicht nur eine ausgezeich¬ nete Hand zum Schnitzen, sondern spielte auch alle geläufigen Instrumente! Die Leitner-Krippe in Neukirchen ist heute auf 17 Figuren — mit feiner Bewegung in der Drehung — zusammengeschmolzen und doch hatte früher, so wird erzählt, die Gruppe „Jesus im Tempel“ allein vierzig Figuren. Daß nur mehr diese kläg lichen Reste auf uns gekommen sind, ist zu verstehen, wenn man sich vor Augen hält, daß die Frau ihrer zwölf Kinder nur beim Spielen mit den Krippenfiguren Herr werden konnte; sie kannte 300 Weihnachts- und Hirtenlieder. Wie bei allen richtigen Kripplerfamilien werden die Figuren auch heute dort noch mit den Liedertexten in Verbindung gebracht und nach ihnen bezeichnet. Es ist nur zu bedauerlich, daß Dr. Haberlandt nicht gleichzeitig mit dem Hallstätter „Kramerschneider auch den nach meiner Meinung durch sein starkes Barockgefühl bedeutenderen Bruckwies Naz entdeckt hat; so haben wir heute kaum mehr als seinen Namen. Auch manches altes Kruzifix, dem man in der Gegend begegnen kann, mag wohl nicht mit Unrecht mit ihm in Verbindung gebracht. werden. Ein Talent wie unser Naz mag alle Behauptungen von der geringen schöpferischen Kraft der Viechtauer entkräften. Ihr Lebenskampf war so hart*), daß ihnen neben der Ausübung des Handwerkes keine Zeit blieb für bildhauerische Sonderleistungen akademischer Kunst. Hier sind wir eben in einem der ausgesprochensten Bereiche der Volkskunst mit ihren Gesetzen. Eine Docke oder ein türkisches Reiterlein ist Handwerkserzeug¬ *) Siehe O. Kastner, Die Viechtauer Holzkunst, Natur und Heimat 1947, Heft 5/6, S. 159 f. 22* 339

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