Wutzel: Eferding Scharten im Süden. Geographischer, geschichtlicher und wirtschaftlicher Mittel¬ punkt ist die Kleinstadt Eferding, deren Kirchturm das Wahrzeichen der ganzen Gegend bedeutet — eine steile Nadel neben hohem Dach, von allen Höhen herab ein wegweisender Blickpunkt. Ganz am Rande aber dunkelt mit alten Mauer¬ resten, mit waldhohem Söller und halb zerfallenem Bergfrit der romantische Mittelpunkt der Gegend, die Ruine Schaunberg. Diese landschaftliche Melodie begleitet unseren Weg zur Stadt, der wir von Aschach zuwandern und die wir dort betreten, wo einst das Schaunbergertor stand. Vor dem näheren Bekanntwerden mit einer Siedlung interessiert besonders die Frage ihres Ursprungs und ihrer Frühgeschichte. Das Streben, überall die dunklen Anfänge zu ergründen, ist allgemein menschlich. Goethe lieh ihm an einer Stelle der Farbenlehre die Ausdruckskraft seines dichterischen Wortes: „Höchst reizend ist für den Geschichtsforscher der Punkt, wo Geschichte und Sage zusammengrenzen. Er ist meistens der schönste der ganzen Über¬ lieferung.“ So forschen auch wir Eferdings Erstgeschichte nach, obwohl alle Wege dazu dunkel und verworren erscheinen und nur wenige sichere Anhaltspunkte bleiben. Tatsache ist, daß hier zur Zeit des römischen Norikum ein Römer¬ lager bestand, das einer Reiterkohorte militärisches Quartier bot, vor seinen Wällen aber sicherlich auch eine Zivilsiedlung besaß. Der Limesforscher Eduard Nowotny *) berechnete bei einer Bereisung der österreichischen Donauorte aus dem Katasterplan und nach Lokalaugenschein den alten Lagerplatz und stellte als seine Begrenzungslinie fest: Keplerstraße — ehemaliger Stadtwall im Westen - Schmiedgasse-Westfront des Hauptplatzes. In der Schlossergasse, die heute durch ihre niedrigen, breit ausladend bedachten Häuser das Gemüt erfreut, vermutete er die via principalis, das schmale Gäßchen, das nun bei dem Bezirksgericht in den Hauptplatz mündet, sprach er als via praetoria an. Diese Forschungs¬ spekulation wird erhärtet durch die vielen Funde, die das Stadtmuseum verwahrt und die unbedingt eine Betrachtung verdienen?). Die Stücke zeigen schöne Beispiele einer hoch entwickelten römisch-provinzialen Handwerks-Kleinkunst. Sie umfassen einen Bronzehelm einer Minervastatue und ungefähr hundert Scherben verschiedener Ge¬ säße, von Tellern, Schüsseln und zierlichen Schalen, die Wandungen hauchdünn, vielfach geschmückt mit vollendeten Ornamenten und figuralen Darstellungen, die in ihrer klassischen Schönheit das Auge höchst erfreuen. Besonders fallen auf eine Venus, ein flötenblasender Silen, auf einem anderen Tonbruchstück ein Amor figürchen und wieder auf anderen ein herrlich durchgebildetes springendes Pferd *) Siehe E. Nowotny, Die Donaustrecke zwischen Linz und Passau. „Vom Donau-Limes", Anzeiger der phil.-hist. Klasse der Akademie der Wissenschaften in Wien (1925) S. 90 ff. 2) Literatur über die Römerfunde: Mitteilungen der k. k. Central-Commission zur Er¬ forschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale, Neue Folge, XIV (1888) S. 57; XIX (1893), S. 78; XXI (1895) S. 128 f; XXVIII (1902) S. 55. Vor allem aber 3. Folge, 5. Band (1906) W. Kubitschek, Vom norischen Donauufer, 3. Aus der Sammlung des Dechants Karl Grienberger in Eferding, S. 51—54. Jetzt wird die Sammlung im Stadtmuseum muster¬ gültig von Direktor i. N. Anton Rosenauer betreut. 19* 291
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