OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Kastner: Krippenschnitzer aus dem Salzkammergut den „Gock“ an, einen schlanken Hirten, dem seine rokoko-verpflichtete, geschraubte Bewegung diese Bezeichnung eintrug. Ähnliche überschlanke Gestalten ältester Be stände befinden sich auch bei Kienesberger in Ischl, hierher gehören auch die dre wunderbar gefaßten „Treiberlein“ der Drei Könige in Rindbach. Diesen Figuren läßt sich die Kreuzigungsgruppe zureihen, die jetzt im Volkskundemuseum in Eng¬ leiten aufgestellt ist. Wohl als ihr ältester Vorläufer sind die größeren Figuren der Freund-, richtiger Schmollnauer-Krippe in Ischl einer der schönsten Bestände, ganz besonders zu erwähnen. Sie leiten zu einem schmalköpfigen, hochaufgeschossenen Typ mit engen, harten Falten — wohl dem Klassizismus zugehörig — über, den wir in den Drei Königen der Goiserer Kirchenkrippe, sowie bei Untersberger, als künstlerisch kaum schwächerer Nachfolge begegnen. Das künstlerische Vermögen des Schnitzers, mehr aber fast noch die Wärme der alten Farben machen Begegnungen mit Holzfiguren diesen Alters zu einem leider nur selten möglichen Genuß. In Lauffen versucht sich Josef Putz als Bereicherer seiner schönen, zum Teil alten Figurenbestände nicht ohne Glück. Auch sein Söhnchen zeigt, wie das Schnitzen diesem Völkchen an der Traun im Blute liegt und wie dicht hier die entwicklungsfähigen Talente gesät sind. In der Nähe der Bahnhaltestelle sehen wir in der großfigurigen, überwiegend orientalisch gehaltenen Krippe das Wert mehrerer Geschlechter. Sie ist das ganze Jahr über aufgestellt und füllt fast ein Zimmer, in dem der 1864 geborene Binder, einem Oberammergauer Passions¬ spieler nicht unähnlich, sein Werk zeigt, und von seinem schweren Leben erzählt. Es ist erschütternd zu sehen, wie einer, der seine Welt aufgibt, die andere doch nicht zu erkaufen vermag. So bleiben viele Arbeiten von ehemaligen Schnitz¬ schülern, deren Talent man erkannt hat, zwischen Volks- und Hochkunst, was dann besonders bedauerlich ist, wenn sie das Unglück haben, in Jahrzehnten zu leben, in denen es kaum eine Hochkunst gibt. Jene Krippe würde mancher Stadtkirche Ehre machen, wird ihrer Größe halber viel bestaunt und ist aufschlußreich für die seltsame Durchdringung der orientalischen Welt mit heimatlichen Zügen, die sich nicht zurückdrängen ließen. Die Grotte und der Höhlenstall sind von fliegenden Engeln und Puttenreigen erfüllt, die an Altdorfersche Weihnachtsbilder erinnern Den aufbäumenden Rappen im Vordergrund, von einem römischen Soldaten am Zaum gehalten, hat der Enkel Binders geschnitzt. Die Blätter der Palmen sind aus Blech. Daneben am Zaun wird ein Halterbub von einem Bocke umge¬ stoßen. Auch Bachlechnergruppen kommen vor. Unter einem weihrauchschwingenden Engel wesen seltsam geformte Holzgebilde der Natur, die als Adler, Salamander, Drachen usw. gedeutet werden. Diese seltsame Zweigesichtigkeit kennen die Krippen des Michael Putz in Reiterndorf bei Ischl nicht. Seine Arbeiten haben nicht nur im ganzen Salz kammergut große Verbreitung gefunden. Alle größeren orientalischen Krippen — zwei bei Steinmaurer (Ort), bei Plasser (Rindbach), Achleitner (Perneck), bei Putz selbst, sowie unzählige Gruppen, wie etwa der große Engelchor bei Mittern dorfer (Plankau), bei Bauer (Gmunden) u. a. zeigen bei voller Beherr¬ 331

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