OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Kastner: Krippenschnitzer aus dem Salzkammergut Ischl allein an die hundert Krippen abgewandert, davon ein Großteil ausgezeich¬ neter Schnitzwerke in die Umgebung von Nürnberg. Selbstverständlich sind in allen Enden und Ecken unserer Heimat Krippen aus dem Kammergut anzutreffen. Sich von der Familienkrippe zu trennen, bringt nur selten einer übers Herz, gar wenn er in die Fremde ziehen muß. Trotz dieser empfindlichen Verluste und der Abgabe von Pflanzenreisern ist das vielfältige, mit den Krippen verbundene Brauchtum wie Krippenstellen, -singen, -schauen, -spielen, — vom „Spaltlzeltnkosten"“ abge¬ sehen — durchaus lebendig. So muß man also von einem Mangel an Schnitzern sprechen, obwohl ja unzählige Krippler und Bastler am Werk sind, ihre Krippen¬ landschaft zu bevölkern oder doch liebend zu betreuen. Es ist selbstverständlich, daß es mit dem Schnitzen allein nicht getan ist und die farbige Fassung unser Auge im bunten Zusammenklang nicht wenig besticht. Gewiß ist die derzeitige Lage schwer, aber es fehlt weniger an den Farben, als an den Farbakkorden der Barockzeit, oder der liebevollen Hingabe biedermeierlichen Trachtenbemalung, sodaß man sich, von der in einzelnen Fällen vorgenommenen Entfernung der milden, alten Farben mit ihrer dämpfenden Patina ganz abge sehen, heute mit allzuviel Lack in eine Art Uniformierung verirrt, die zu verhindern eine dringende Aufgabe der einsichtigen Krippenschauer wäre! Das Zusammen¬ wachsen der verschiedenen zeitlichen Schichten zur harmonischen Einheit — deutlich heben sich die mit dem Wachsen der Krippe hinzugekommenen neuen Männchen von den alten ab — könnte sonst gefährdet werden. Das Bilden von Ringen wie beim Baum — im inneren Bezug um den Krippenkern würde sein Organisches verlieren. Die guten alten Bestände müssen Maßstab und Richtschnur für alles Neugeschaffene bilden. Unsere Krippen in alte — mit Figurenbeständen aus dem 18. Jahrhundert und in neue einzuteilen, ist demnach nur in beschränktem Maße möglich. Auch die Zuschreibung der Krippen an einen Schnitzer ist also meist nur für Figuren¬ gruppen möglich; hier herrschen eben die Gesetze der Volkskunst. Trotzdem scheint es wohl angebracht, die Vielzahl der Hunderte von Krippen, die vielfach aus Raummangel gar nicht aufgestellt werden können und seit Jahren in Kisten auf dem Dachboden stehen, doch durch Feststellung der Namen der Schnitzer, bevor unsere kundigen Gewährsleute von uns gegangen sind, zu gruppieren und zu werten. Ortsfremden bleibt freilich trotz allen Fleißes bei der Häufigkeit der Namenswiederholung, der schon unsicheren Erinnerung an Vornamen, bei der Unzahl von Vulgo- und Spitznamen, die die vielen Dutzende, etwa der Loidl, auseinanderzuhalten sucht, die Hilfe der einheimischen Dorfbuch- und Chronik schreiber unerläßlich. Es wäre schön, wenn sich Stimmen aus den einzelnen Orten meldeten, die den Torso unseres Gedenkens an die heimischen Krippenschnitzer zu einem ihrer würdigen Denkmal ausbauten. Aber wenn durch diese Zeilen auch nur wieder Vielen der ethische und materielle Wert bewußt würde und ihnen die Krippe als ein Hausaltar und schönster Spiegel ihres Lebens und des Lebens ihrer Väter naherückte, wäre die Mühe dieser langwierigen Sammelarbeit von 329

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