Oberösterreichische Heimatblätter bekennt Heckenast gegenüber: „Je mehr ich andere Dinge lese, — und seien sie auch anerkannt und weltberühmt — desto herzinniger liebe ich unseren Stifter; meine Natur ist einmal so, daß ihr das Ruhige, Milde und Klare gar so wohl tut. Sie Herr Heckenast und Stifter müssen für lebelang meine Freunde bleiben, das wird mich erhalten und aus mir machen, was zu machen ist. Nächstens will ich Goethes „Neisen durch Italien“ kennen lernen, dann mache ich mich wieder einmal an Grillparzer. Heimlich aber lese ich Stifter.“ Beiträge im Volkskalender „Das Neue Jahr“ und in „Westermanns Jahrbuch“ (1873 —75) Was wunder, daß Rosegger, eben erst Herausgeber des von Heckenast an¬ geregten Volkskalenders „Das Neue Jahr“ geworden, die erstbeste Ge¬ legenheit benützt, vorläufig einmal wenigstens andeutungsweise auf Stifter hin zuweisen. Gleich im 1. Jahrgang (1873) bringt er Stifters „Ein Gang durch die Katakomben“ (Wiens) unter der Überschrift „Eine unterirdische Totenstadt“, dem Erscheinungsort entsprechend etwas gekürzt, dafür ansprechend bebildert Schon zum nächsten Jahrgang (1874) steuert Rosegger einen in ergreifender Schlichtheit abgefaßten, doch gerade deshalb höchst wirksamen Aufsatz über Stifter bei. Schon sein Titel „Ein Dichter von Gottes Gnaden“ deutet an, daß nunmehr Roseggers Stifterverehrung ihren Höhepunkt erreicht hat, und läßt daher eigentlich einen wesentlich vom Gefühl eingegebenen Lobgesang der Begeisterung erwarten. Diese Begeisterung für Stifter erfüllt auch den ganzen Aufsatz, doch bringt er eine dem Wesen eines Kalenders möglichst angepaßte, warme, leicht faßliche, aber dabei so wertvolle Kennzeichnung des Dichters, daß sie heute noch durchaus lesenswert ist und durch ihren Neudruck im Stifterjahr¬ buch für 1938/39 mit vollem Recht einem weiteren Leserkreis zugänglich gemacht wurde. Rosegger erzählt Stifters Lebenslauf mit Einfügung kleiner, für den schlichten Leserkreis besonders wirksamer Anekdoten, belegt das hohe dichterische Verantwortlichkeitsgefühl Stifters mit Stellen aus dem Briefwechsel mit Heckenast und arbeitet mit großem Nachdruck Stifters Hingabe an die Volkserziehung heraus. Es folgt eine kurze Würdigung des „Nachsommers“, für den Rosegger schon jetzt das schöne Wort: „Ein Buch voll reinen Gottesfriedens“ findet. In ihm werde uns ein Leben erzählt, das zu dem inneren und äußeren Sein des Dichters in naher Beziehung stehe. „In rührender Einfachheit und kunstvoller Schöne liegt vor uns eine kleine Welt, und wir freuen uns an den treuen, lieben Menschen, an der Natur, die hier so weihevoll verehrt, an der Kunst, die so liebreich gepflegt wird. Der Leser heimelt sich völlig ein im Rosenhaus des „Nachsommers“ und es ist ihm zumute, als wäre er zu Hause auf still heiteren Ferien.“ Den von der damaligen und auch späteren Literaturgeschichtsschreibung fast zur Gänze, meist sogar sehr schroff abgelehnten geschichtlichen Roman „Witiko“ aber bezeichnet er tapfer als „ein großes, in seiner Einfachheit er¬ greifendes, in seiner historischen Treue bewunderungswürdiges Gemälde aus der 318
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