OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Haslinger: Ein Herold Adalbert Stifters Als in diesen Tagen das erste hochdeutsche Buch Roseggers „Sittenbilder aus dem steirischen Oberland“ erscheint, erkennt Heckenast noch deutlicher als schon bisher mit sicherem Verlegerblick den zukünftigen eigenwüchsigen Schriftsteller und macht ihm, auch im Zeichen der beide verbindenden Stifterverehrung, ein Verlags¬ angebot. Rosegger, der infolge der Zurückhaltung der Verleger im Hinblick auf den deutsch-französischen Krieg gerade erste Verlagsschwierigkeiten kennen lernt, ist natürlich überglücklich und greift sofort zu. Schon sein nächstes Druckwerk „Ge¬ schichten aus Steiermark“ erscheint bei Heckenast, sowie von da ab alle seine wei¬ teren hochdeutschen Buchveröffentlichungen bis zum Tode Heckenasts 1878. Ständig aber nimmt die Stifterverehrung Roseggers zu. Bald (21. Juli) be¬ kennt er Heckenast: „Nun ist Stifter ganz zu mir gezogen und lebt mit mir und lehrt mich und erheitert mich; und er hat als Lehrer und Freund den Ehrenplatz in meinem Bücherschrank und in meiner Seele ... Stifter ist vielleicht der Es wird größte, unbedingt aber der edelste österreichische Dichter... erfreuliches Zeichen der Zeit sein, wenn die Menschen allerorts den Stifter zur Hand nehmen und lesen, das wird bedeuten, daß sie zur Einsicht gekommen sind, wo es mit dem Einzelnen und mit der Gesellschaft hinaus soll. Man kann lange suchen, bis man einen Menschen findet, der die anderen so warm redlich liebt wie unser treuer Stifter, und man kann lange suchen, bis man einen Dichter findet, der so rührend einfach und so milde und so herzlich zu seinen Mitmenschen spricht wie unser Stifter. Und alles, was er schrieb, das war menschenwürdig und schön, ... An einem Plätzchen seines heimatlichen Oberlandes wolle er den „Nachsommer“ lesen und er bittet Heckenast, seine Gedanken und Empfindungen hierüber ihm gegenüber brieflich aussprechen zu dürfen. Er müsse jemand dazu haben, der Stifter so sehr liebe wie er selbst. Wie sehr allmählich Heckenast als Nachlaßverwalter des Stifterschen Geisteserbes für Rosegger fast die Welt Stifters zu verkörpern scheint und sich zum treu beratenden väterlichen Freund Roseggers entwickelt, zeigt die Brief stelle an Heckenast: „Wenn Sie mir bleiben und wenn ich fleißig Stifter lese, so werde ich nicht so weit abirren können“ (24. November 1870). So ist es nicht weiter verwunderlich, daß bald darauf jener bedeutsame Brief Heckenasts vom 4. Jänner 1871 den Auftakt des neuen Jahres (1871) bildet. Er begrüßt Rosegger in ihm als eine Art Erben der Dichterwelt Stifters: „Meinem Gemüte tut es wahrlich wohl, gleichsam eine Nachfolge und einen Ersatz zu finden für das innige Verhältnis, welches mich mit Stifter bis zu seinem Tode verband, indem ein junger Geist, der in dieselben Bahnen lenkt, ein jugendlich frisches Gemüt, das in gleicher Tiefe dichterisch erglüht, und ein Herz, das in gleicher Güte und Neinheit für die edelsten Güter der Menschen strebt, sich mir anschließt. Immer feierlicher wird das Bekenntnis zu Stifter in den Briefen an Heckenast ausgesprochen. So heißt es unterm 16. Mai 1871: „... Stifter ist und bleibt groß und herrlich in alle Ewigkeit!“ Und sein in diese Zeit fallender dritter Besuch in Linz führt ihn „in die durch Stifter geheiligten Gegenden.“ E 317

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