Oberösterreichische Heimatblätter Ein Herold Adalbert Stifters Roseggers fünfzigjähriges Wirken für die Anerkennung von Stifters Gesamtwer Von Dr. Franz Haslinger (Graz) „Ist doch mein ganzes Leben eine ununter¬ brochene Stifterfeier... Peter Rosegger Peter Rosegger, der sich immer und überall für das als schön, gut, echt und wahr Erkannte voll und ganz einsetzte, hat in einem fünf Jahrzehnte langen, ebenso edelmütigen wie zäh, zielbewußt und geschickt geführten Werbefeldzug, einem richtigen Liebeswerben, um die ihm zeitlebens so wichtig und dringend erscheinende gerechte Würdigung des Gesamtwerkes Adalbert Stifters gekämpft. Er ist so zum Heerrufer der einmaligen Bedeutung Stifters geworden, die von der Allgemeinheit erst zwei Menschenalter nach dem Tode unseres größten Er¬ zählers voll erkannt wurde. Rosegger hat als Stifter-Herold neben der fast abgöttischen Liebe zu dem ihm ja „wahlverwandten“ und überdies für seine eigene Schriftstellerlaufbahn so glückhaften Meister ein literarisches Fingerspitzen¬ gefühl erwiesen, das heutige Erkenntnisse genau um zwei Generationen vorweg¬ nahm und so manchen zünftigen Literarhistoriker beschämen kann. Erste Begegnung mit Stifters Dichtungen (1866) Eine merkwürdige Fügung wollte es, daß 1866 der junge Rosegger als dreiundzwanzigjähriger Schüler der Akademie für Handel und Industrie (der heutigen Bundeshandelsakademie) in Graz auf der Ausschau nach einer Druck¬ gelegenheit für seine ersten dichterischen Versuche zu Leopold von Sacher-Masoch kam, dem Mitbegründer, Herausgeber und Hauptschriftleiter der neuen Zeitschrift „Gartenlaube für Österreich“, die u. a. Robert Hamerling und Adalbert Stifter zu ihren Mitarbeitern zählte. Sacher-Masoch, damals Privat dozent an der Grazer Universität, galt zu dieser Zeit auf Grund seiner flott geschriebenen Erzählungen aus dem Leben der Polen und Ruthenen in Galizien und seines historischen Romans „Kaunitz" noch als begabter, im Stile des Realismus schreibender Könner. Er suchte junge Schriftstellertalente um sich zu sammeln und trachtete nun auch den neuentdeckten steirischen Naturdichter durch wohlmeinende Ratschläge, durch Annahme einer kleinen Skizze „Freund Tannen¬ baum“, vor allem aber auch durch Überlassung zweier für die Zeitschrift ge¬ schriebenen Skizzen Stifters, davon einer noch handschriftlichen, als mustergiltiger „Vorlagen“ zu fördern. Schon die Weihnachtsnummer 1866, an deren Spitze Stifters Skizze „Weihnachten“ steht, bringt Roseggers Versuch „Freund Tannen¬ baum", in bescheidenem Kleindruck gesetzt, wie es sich für einen Anfänger geziemt. 310
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