OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Wutzel: Eferding Der Eferdinger Handwerker war eigener Vertriebsagent seiner Erzeugnisse. Die Reise gehörte zum Alltagsleben wie der Marktlärm zweimal im Jahr daheim und die Gottesfurcht und der Gewerbefleiß in der Werkstatt. Wie staunen wir, wenn in den iura nundinarum Anensis villae von 1191 24) Handelsfahrten nach Rußland erwähnt werden — in Ruziam vel de Ruzia. Ein Gutteil Wirtschafts¬ politik der mittelalterlichen Landesherren äußerte sich deshalb in Mautprivilegien, Zollbestimmungen und Schlichtung von Streitigkeiten, die darum entbrannten. Es wurde dabei kein einheitliches Wirtschaftsgesetz geschaffen, wie es dem heutigen Denken entspräche, sondern jeder Ort erfuhr allein und für sich seine „Begnadung" So waren die Eferdinger schon im 12. Jahrhundert an der Bischofmaut zu Passau mit denselben Vorrechten begünstigt, die den Passauer Bürgern zustanden. Auch in Ybbs müssen irgendwelche Rechte bestanden haben, denn jeder Nicht eferdinger, der sich dort die Vorteile der Stadt anmaßte, wurde mit Beschlag¬ nahme seiner Güter bedroht, sollte er auf Schaunberger Gebiet kommen (art. 39 vom 1. März 1415). Mit den bairischen Schustern gerieten die Eferdinger Zunft¬ genossen im 16. Jahrhundert in Streit, da sie von ihnen gegen altes Recht auf den Jahrmärkten im Bayernland behindert wurden. Zu Linz und Wels besaßen die Hafner ihre Stände, um die sie jedesmal losen mußten. Zentrum des gesamten städtischen Wirtschaftslebens war aber der eigene Markt. Die Eferdinger Wochen¬ märkte fielen schon im 14. Jahrhundert auf den Samstag, die Jahrmärkte auf die Tage der Heiligen St. Hippolyt (13. August) und St. Andreas (30. November). Später schwankten die Termine, statt St. Hippolyt läßt sich manchmal der zweite Fastensonntag nachweisen. Wie wurden nun diese bedeutenden Tage durchgeführt 25)? Ein bunt bewegtes Getriebe erfüllte die Stadt zur Marktzeit. Im Schaunberger Urbarbuch werden die Linzer und Ottensheimer als Besucher besonders genannt, sie genossen auch Begünstigungen, waren demnach die hauptsächlichsten Gäste. Die Zusammenkunft verschiedener Menschen aus verschiedenen Herrschafts- und Gerichtsbereichen barg Gefahren in sich, denen der Stadtherr mit gesteigertem Rechtsschutz begegnete. Schon die Stadtrichter der Passauer Bischöfe übten das Marktgericht aus, alle Besucher waren ihm unterworfen. Diese zu Gesetz geformte Rechtsanschauung bedeutete einen umstürzlerischen neuen Schritt in der mittelalterlichen Rechts praxis, denn zu den gewöhnlichen Zeiten war jedermann nur seinem Gericht unterworfen. Im Artikel 3 des Stadtrechts vom 1. März 1415 treten Zweck und Inhalt dieser Rechtsübung plastisch hervor: erhöhter Schutz des Stadtfriedens, Bekämpfung von jedem geschäftsstörenden Streit mit Waffen oder beleidigenden Worten. Wer seine Seitenwehr zog, verlor die Hand. Wer Wortstreit auslöste, unterlag schwerer Geldbuße, 5 Pfund und 60 Pfennige dem Stadtherren, ein 22) K. Oberleitner, Die Stadt Enns im Mittelalter. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Städte, Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen Bd 27 I. Hälfte (1861) S. 62 Anm. 2. 25) Vgl. zu allen Fragen O. Wutzel, a. a. O. 20* 307

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