OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 4

Wutzel: Eferding Wieder hat die urkundliche Einsicht den Bildeindruck des Stadtgrabens und der Stadttore vertieft. Der eng geschlossene Stadtbezirk hatte um sich einen weiteren Burgfriedensraum, in dem der Stadt Recht galt, der unter ihrem besonderen Schutz stand. Es war ein Lebensraum, der sich von dem umliegenden flachen Land deutlich abhob und dem einfachen Mann eine gebesserte Lebensform erlaubte. Wie gestaltete sich nun das tägliche Leben innerhalb dieser Mauern? Welchem Erwerb gingen die Bürger nach, welche kulturellen Bedürfnisse hatten sie, wie richteten sie die Ordnung der Gemeinschaftsprobleme ein? Wie groß war vor allem die alte Stadt? Letztere Frage ist äußerst schwer zu beantworten. Volkszählungen im modernen Sinne gab es erst seit der Regierung Kaiser Joseph II. Aus dieser Zeit finden sich auch für Eferding die ersten Angaben 20 Die Ge¬ meinde bestand damals aus der Stadt mit 145 Häusern, der Vorstadt mit 73, der Kühgasse mit 13 und einer Wohnstatt, die zum Dorf Wörth gehörte, zusammen 232 Bauten, in denen 1622 Seelen wohnten (732 Männer, 890 Frauen). Die Konskriptions-Resultate von 1834 zeigten ein leichtes Ansteigen der Bevölkerung: In der Stadt 146, in der Vorstadt 84 und der Kühgasse 14, zusammen 244 Häuser mit 502 Haushalten und 1990 Seelen (912 männlich, 1078 weiblich). Der Zu wachs geschah also hauptsächlich außerhalb in der Vorstadt, die im Bereich des Die oberen und südlichen unteren Grabens und der Ledererstraße zu suchen ist. eigentliche Stadt besaß durch die Mauer ihren festen Rahmen mit ungefähr 145 Baulichkeiten, eine Zahl, die sich heute noch nicht geändert hat, wenn untere Graben als nördliche, östliche und südliche, die Schauenbergerstraße westliche Begrenzung genommen werden. Für die ummauerte Stadt ergibt aus einem ungefähren statistischen Versuch die Einwohnerzahl von 1000 —1100, Die womit ziemlich sicher auch die mittelalterliche Wohndichte gewonnen ist. fest¬ Ledererstraße muß wohl noch hinzugerechnet werden, da sie seit 1440 schon stellbar ist, aber gerade dieser Teil wird sich erst in der neueren Zeit lebhafter ent¬ wickelt haben. Die Zählung von 1834 gibt auch über die soziale Verteilung der Wohnstätten Aufschluß. Es finden sich im Stadtbereich: 2 Viertl-Bauern mit 12 —16 Joch, 1 Söldner mit 8 Joch, 10 Pointler mit 1—3 Joch, 1 Dominikal¬ wirtschaft, 6 herrschaftliche Gebäude, 2 Spitalsstiftungen, 1 Pfarrhof, 1 Schul¬ haus, 1 Mesnerhaus, 2 Freihäuser, 1 evangelisches Bethaus, 1 Pastorhaus, 133 Gewerbehäuser, 70 Kleinhäuser ohne Grundeigentum. Die Berufsstatistik gibt an, daß damals 82 Haushalte sich allein mit Landwirtschaft beschäftigten, 198 allein mit Gewerben, 79 mit Gewerben und Landwirtschaft, 143 mit verschie¬ denen Berufen. So läßt sich das Bild einer Handwerks- und Ackerbürgerstadt von einem Größenverhältnis gewinnen, das auch für mittelalterliche Begriffe klein 19) A. Maidhof, Die Passauer Urbare, 1. Bd. Die Urbare des Hochstiftes im 13. und 14. Jahrhundert (Passau 1933), S. 600 ff. nach 2 Handschriften, bezeichnet als P 10 und P 10½ (siehe darüber ebenda, S. XL ff.). 20) Quellen für die folgende Darstellung: O. ö. Landesarchiv, Fassionsbuch der Gemeinde Stadt Eferding (Josefinisches Lagebuch) und Franziszeischer Kataster, besonders 159/4 „Ökonomische Fragen“ und 159/16 „NohertragsElaborat des ökonomischen Commissärs“. 301

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