Oberösterreichische Heimatblätter der abgrundtiefen Schicksalsfrage „Bringst odá nimmst?“ verschränken. Ausgewichen scheint aber das ganz reife Liebesgedicht „Gar á schenö Nacht is gwöst", in dem sich Natur und Mensch in auch dem meisten, was Stelzhamer stärker an Oberösterreich und das Innviertel gebunden zeigen würde, wodurch ihm noch ein weiteres von seinen Lokalfarben geraubt wird. Auch der allgemein österreichischen Verbreitung, die das Buch offenbar anstrebt, hätten sie nicht geschadet. Dankbar dagegen kann man für die ungekürzte Aufnahme der epischen Dichtungen „Königin Naot", „s Máhrl von Taod", „Dá Soldatnvödá" und „D’Ahnl“ sein. Zwar zur Königin Not hätte besser „'s Waldfräuerl“ als Vorgeschichte denn „'s Måhrl von Taod“ als Nachgeschichte gehört. Das Waldfräuerl, seine Musa ruralis, der er sich als junger Mensch mit Leib und Seele verschreibt, entpuppt sich ja als niemand anderer als die Königin Not, mit der er zeit¬ lebens zu ringen hatte, und der Sinn der „Königin Naot“ ist nicht, wie es der Herausgeber in seinen Erläuterungen haben will, die Erlösung der Welt von der Not, sondern die späte, aber dankbare Erkenntnis, daß der Stimulus seines Dichtertums nichts anderes als die Not war. Und dás „Máhrl von Taod“ möchten wir lieber als eine volkstümliche Heilsgeschichte mit den Ecksätzen des Sündenfalles und des Jüngsten Gerichtes ansprechen denn als eine Philosophie von der „Überwindung des Todes in der Welt“. — Wenn es überhaupt notwendig war, in dieser knappen Ausgabe auch den hochdeutschen Stelzhamer zu bringen, so tut man ihm mit der hier gebrachten Auswahl keinen guten Dienst. Mit Recht zwar ist die hochdeutsche Lyrik ganz weggeblieben und sind die unangenehm subjektivistischen Aphorismen auf ein Minimum beschränkt. Aber zu retten ist der hochdeutsche Stelzhamer überhaupt nur von seinen späten Dorfgeschichten her, die kein Geringerer als Gerhart Hauptmann in einer von Max Burckhard besorgten Auswahl eines schönen Geleitwortes gewürdigt hat. Darunter gibt es zwei Perlen: „Der Waldwurm“ (auch „Im Walde“) und „Vetter Jakob, der Baumtod“. Von der ersten mit ihrem hohen Preis der Menschenliebe bringt der Herausgeber nur die einleitende Schilderung des Waldganges, von den Dorferinnerungen nur „Der erste Schulgang“, — die allerdings schwer zugängliche Dorfgeschichte „Vetter Jakob“ mit ihrem der „Ahnl“ an die Seite zu stellen¬ den bäuerlichen Arbeitsethos scheint ihm unbekannt geblieben zu sein. Dafür aber zwei innerlich recht gleichartige Erzählungen, „Die Mechaniker“, die noch im spätromantischen Fahrwasser schwimmt, und die kaum erst auf dem Übergang zum Realismus der Dorfgeschichte stehende Novelle „Franz Gipfel und seine Familie“. Diese Auswahl charakterisiert auch den hochdeutschen Stelzhamer schlecht und wenn schon seine zeitgebundenen Stilarten, denen er wechselnd huldigte, gezeigt werden sollten, so wäre eine Probe aus dem weltschmerzlichen autobiographischen Roman „Urey“ oder von seinen preziösen Feuilletons viel interessanter gewesen. Und zuletzt zu den eigenen Zutaten des Herausgebers. Das Buch ist ja mit einem förm¬ lichen philologischen Apparat ausgestattet: „Zur Schreibweise“, ein teilweise anfechtbares „Wörterbuch“, sacherklärende „Anmerkungen“ und noch einmal „Sammelanmerkungen", sogar „Lesarten“, neben einer etwas blumigen, ziemlich schief gesehenen Biographie, in der Stelz¬ hamers Leben unter das Motto eines Sommertages gestellt wird, der es durchaus nicht war, und getrennt davon wieder eine biographische Zeittafel und eine Chronologie der Stelzhamer¬ Ausgaben. Vor allem aber werden jeder Gedichtgruppe „Einführungen“ vorausgeschickt. Sie gehen in der Art jener Kommentare zu Klassikertexten für Mittelschulen, die der Schrecken jedes Literaturlehrers sind, weil sie den Schüler vor- oder nachbeeinflussen wollen, anstatt ihn unbe¬ fangen genießen zu lassen. Gerade der volkstümliche Stelzhamer braucht solche richtungweisende Erläuterungen nicht. Wir haben uns schon dagegen wehren müssen, daß Stelzhamers mund¬ artliche Liebeslyrik unter den Aspekt des hochdeutschen Tora-Erlebnisses gestellt werde, wir müssen uns noch mehr dagegen verwahren, daß etwa das Urbild der „Ahnl“ jene mißliebige städtische, vielleicht gar fremdländische Tante wäre, die damals das junge Liebespaar gewaltsam trennte. Da müßte ja Stelzhamer dieser Tante nachträglich recht gegeben haben, wie er seiner „Ahnl“ — aber als Vertreterin und Schützerin der bäuerlichen Hofehre — recht gibt, und müßte sich selbst in dem unsoliden Liebhaber Hias, der „ein Lümperl“ wird, gespiegelt sehen. Der Herausgeber geht seiner Tanten- Hypothese zuliebe soweit, selbst dies anzunehmen und es 278
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