OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter dem Lautwert helles a (bei Stelzhamer á) das Zeichen a, also wie die Schulaussprache, obwohl es hier natürlich in ganz anderen Stellungen vorkommt, und schreibt alle verdumpften a (offene o) in o um. Damit hat er aber die Abgrenzung gegen das geschlossene o (etymologische o) hin völlig verloren und es wird z. B. Nost und Rast, oft (häufig) und aft (hernach) gleichmäßig Rost und oft geschrieben. Der Herausgeber glaubt sich damit beruhigen zu können, daß schon jeder mit der Mundart Vertraute zu unterscheiden wissen werde, wann er für dieses einheitliche Zeichen o offenes o und wann er geschlossenes o zu lesen habe. Zugegeben, nach einigem Nachdenken freilich, aber eine lesbare Mundartorthographie soll eben kein solches Nachdenken für das Wortverständnis und die Aussprache notwendig machen. Und bei manchen Wörtern wird in des Herausgebers Orthographie für sehr Viele die richtige Aussprache und selbst der eindeutige Wortsinn überhaupt nicht zu erkennen sein, etwa wobeln (wabeln), Moda (Marder oder Moder?), Folter (Falter oder Folter?). Über den Satz „D' Manna hand endli do hoam und mir ham oft gnopfazt an Eichtel“, wird auch der gewiegte Mundartleser zunächst stolpern, wie hier das „oft“ zu lesen und zu verstehen ist, ebenso über „han'n (den Gimpel) gfüadert und globt“ (gelabt oder gelobt?). Und der Sinn der oben zitierten Schulmeister-Stelle geht in des Herausgebers Umschreibung: „sit 's „A' a hoaßt“ (eigentlich müßte er „O“ setzen) natürlich vollkommen unter. Dies nur Stichproben, denen wir noch ein so ungutes Wortbild wie tolo für tala(b) anfügen. — Der Herausgeber beruft sich für seine o-Schreibung darauf, daß auch Stelzhamer vielfach o für etymologisches a schrieb. Gewiß, aber nur in Wörtern und Stellungen, wo er in seiner Piesenhamer Mundart das geschlossene o hörte, so in Wossá, Wold, olt, mochá (machen) im Reim zu Wochá (Woche), zwar nicht konsequent, aber doch, um, wie er in der Vorrede zum 2. Band seiner Mundartgedichte 1844 sagt, „ja nicht vergessen zu lassen, daß in meinem Dialekt der dumpfrollende, volle o-Laut eine stehende Eigentümlichkeit ist". Durch das Verfahren des Herausgebers geht diese Eigentümlichkeit von Stelzhamers Mundart natürlich verloren, den er schreibt alle verdumpften a mit o. — In der Nasalierung muß der Herausgeber aber doch reumütig zur a-Schreibung für verdumpftes o zurückkehren und verliert damit wieder die Unterscheidung zum nasalierten hellen a hin, zwischen Stelzhamers Ráhm (Obers) und Nahm (Nahmen), zwischen án und an, z. B. an an (an einem) statt Stelzhamers an án (agschafftn Feirtá). — Das Verfahren des Herausgebers, so wortreich er es auch begründet, kann man überhaupt nur verstehen aus drucktechnischen Schwierigkeiten: daß eben die Offizin nicht über die genügende Anzahl von á-Typen verfügte. Dann soll man aber aus der Not keine Tugend machen. Die Stelzhamersche Scheidung a und á ist schon von Anton N. v. Spaun („Über die Orthographie unserer Volkssprache“ im Oberösterreichischen Jahr¬ buch für Literatur und Landeskunde, Linz 1844) als praktisch und eindeutig anerkannt und seither von so vielen Nachfolgern Stelzhamers angenommen worden, daß sie unsere öster¬ reichischen Mundartdichter in der noch immer herrschenden Unsicherheit der Mundartschreibung endlich zum Grundsatz erheben sollten. Sie aber an Stelzhamer selbst und in einer Stelzhamer¬ Ausgabe „verbessern“ zu wollen, bedeutet neben aller damit gestifteten Verwirrung eine Respekt¬ losigkeit. 3. Vollends an die Substanz Stelzhamerscher Mundartechtheit greift es, wenn der Heraus¬ geber für den palatovelaren Zwielaut ao der Innviertler Mundart (in anderen oberösterreichischen Mundarten klingt er wie eo oder sogar oi) ebenfalls das einfache o setzt und damit dieses Zeichen noch für einen dritten Lautwert substituiert. Stelzhamer schreibt dafür konsequent das phonetisch annähernd richtige ao, manchmal au, niemals aber o. Hier verlangt der Heraus¬ geber in einer Vorbemerkung zum angefügten „Wörterbuch“ sogar vom Leser Vertrautheit mit der Sprachgeschichte, damit er nicht verfehle, daß Wörter mit mittelhochdeutsch langem o, wie Not, Tod, Brot, Schrot, froh usw. eben mit diesem eigentümlichen palatovelaren Zwielaut zu lesen sind, wo sie ihm bei Stelzhamer unterkommen. Eine unverständliche Zumutung, die übrigens nicht einmal mit Druckschwierigkeiten zu begründen ist. Eher ist anzunehmen, daß der Heraus¬ geber auch diese Eigentümlichkeit von Stelzhamers Dialekt unterdrücken wollte und er befindet sich damit auf dem gefährlichen Wege zu einer „österreichischen Mundartkoine", der zwar auch 276

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