Bausteine zur Heimatkunde dem Bild sind nur zwei genannt) haben ihn erlegt und führen ihn nun — offenbar über den See — nach Kammer hinaus, wo er alter Sitten gemäß feierlich be¬ graben werden soll. Der Ausrufer trägt ein Schreiben der glücklichen Jäger in der Hand, aus dem er vorliest, wer alles zu diesem Feste beitragen soll. Genau so wie Homer den Schild des Achilleus vor unseren Augen entstehen läßt und ihn damit bis in die letzten Einzelheiten beschreibt, so führt uns der unbekannte Dichter dieses Bärenliedes das Festbegräbnis vor Augen, indem er die einzelnen Teilnehmer des Zuges zur Teilnahme einlädt. Die vielen dabei genannten Namen beziehen sich sichtlich auf lebende Personen jener Tage, die entweder mit ihrem Schreib-, Haus- oder Berufsnamen gekennzeichnet werden. Das so beschriebene Begräbnis trägt alle Züge eines besonders festlichen Leichenbegängnisses. Voran geht der Kreuzträger, ihm folgt der Fahnenträger. Sänger stimmen das Totenlied an und Posaunen blasen Prim und Sekund der Leichenmusik. Der Bär wird offenbar in einem Sarg von vier kräftigen Männern getragen, die Bahre ist mit einem richtigen „Übertoan“ (Bartuch) bedeckt, das von vier Männern gehalten und von vier Windlichterträgern umgeben wird. Schul¬ meister und Amtmann fehlen nicht, Geistlicher, Mesner und der weihrauch¬ schwingende Ministrant sind vertreten. Vierhundert Bärenschützen geben „Meister Petz" das letzte Geleite. Nachher gibts eine große Totenzehrung, bei der Katzen¬ braten, Käse, Brot, Rettich, Salat, Bier, Wein bereitstehen. Dabei wird ein wolhbezeugtes Bärentestament verlesen, in dem der Bär verschiedene Vermächtnisse bekanntgibt und sich entschuldigt, daß er die Leute so erschreckte. Über dem sorgsam eingegrabenen Bären wird ein Grabstein errichtet und mit Schrift und Eisenkreuz versehen. Die Bauern aber beschenken die Bärenschützen reichlich. So wie es ganz im Volkston mit der unvermittelten Einführung des Ausrufers begann, so schließt das Lied wieder im Volkston mit der Vitte, dem Sänger tüchtig Speise und Trank zu spenden. Es handelt sich also um ein in allen äußeren Förmlichkeiten genau wieder¬ gegebenes, dabei aber ins Heitere verrücktes Großbegräbnis, wobei besonders auffällt, daß dem Bären weder das sonst so geschätzte Fell abgezogen noch die als besondere Leckerbissen begehrten Tatzen abgetrennt wurden. Obwohl nicht ausdrücklich davon die Rede ist, dürfen wir doch annehmen, daß solche Bären¬ begräbnisse im Salzkammergut üblich waren, da das Lied ganz im Ton der Selbstverständlichkeit gehalten ist und der Bär eine ganz besondere Rolle im Volksglauben spielt. Der Güte des Herrn Kollegen Dr. Ernst Burgstaller verdanke ich folgenden Hinweis auf ein Bärenbegräbnis im Mühlviertel. Im Werke von Otfried Kastner, Das Obere Mühlviertel, sein Wesen und seine Kunst, Wien 1938, S. 106/107, findet sich die Stelle: „In diesem Winkel in Oberschwarzen¬ berg wurde 1837 der letzte Bär dieser Gegend geschossen. Ein zufällig erhaltener Kinderbrief zeigt noch die Vorstellung von der Bärenleiche. „Bei uns kehrten", so lesen wir, „dann alle ein, wo sie wacker unter größtem Jubel auf die Gesund¬ heit der Herren Bärenschützen tranken oder das Totenmahl des Bären hielten." 271
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