OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Brassicanus' Anwesenheit läßt sich an Hand der Bescheidprotokolle noch bis zum Jahre 1627 verfolgen. Die letzte ihn berührende Eintragung stammt vom 28. Mai dieses Jahres45) und betrifft seine „Interessen vnd Capital“, das er einem Bescheid vom 14. Mai 1625 zufolge“6) schon zu dieser Zeit gekündigt hatte Er zog als Exulant wieder an die Stätte seines früheren Wirkens, nach Regens¬ burg, wo er vom 12. Oktober 1627 bis 9. September 1628 als Alumnenaufseher am „Gymnasium poeticum“ tätig war. Sechs Jahre später ereilte ihn dortselbst, nachdem er bis zuletzt „tanquam musicus et collega“ geblieben war, der Tod: „Am 22. Sept. 1634 wurde ev. luth. beerdigt gen Sct Peter M. Johann Kraut gewesten Colegii Alhie“ meldet die Regensburger Totenmatrik (Mitteilung des dortigen evangelischen Kirchenregisteramtes). Neben Brassicanus und Zorer wirkte noch Georg Mittermayr vom Jahre 1608 bis 1624 als Organist sowohl an der evangelischen Landschaftsschule als auch an der ehemaligen Bürgerspitalskirche. Vom musikhistorischen Standpunkt aus interessiert ferner die Person des ständischen Predigers Daniel Hitzler (geboren am 16. Jänner 1575 zu Heidenheim/Würtemberg47), gestorben am 6. September 1635 zu Straßburg), der seit Juli 1611 in Nachfolge des im gleichen Jahre ver storbenen Clemens Anomaeus das Amt eines Inspektors der Schule innehatte. Im März 1624 übernahm er außerdem die Verwaltung der ständischen Bibliothek deren Bestände Brassicanus vorher an Hand der Kataloge überprüft hatte8 Hitzler schrieb eine theoretische Abhandlung „Extract auss der newen musica oder Singkunst. Zu förderlichem vnd doch gründlichem Vnterricht der Jugend“4s wenige Jahre später unter dem Titel „Newe musica oder Singkunst fürderlichem vnd doch gründlichem Unterricht der Jugendt“ in zweiter, vermehrter Auflage erschien 50). Er entwickelt darin ein neues System der Tonbenennung die sogenannte Bebisation. Ausgangspunkt für diese Neuerung war ohne Zweifel das Bocedisationssystem des belgischen Musiktheoretikers Hubert Waelrandt (um 1517 — 1595), das auch der Leipziger Thomaskantor Sethus Calvisius (1556 1615) in der dritten Auflage (1612) seines 1594 erstmalig erschienenen „Com¬ pendium Musicae pro incipientibus conscriptum“ weitgehend benützte 51 1634 veröffentlichte Hizler zu Straßburg zwei Kirchenliederbücher, und zwar: „Christliche Kirchen Gesäng, Psalmen und Geistliche Lieder: Wie dieselbige Bey 45) Bescheidprotokolle 9, fol. 199. 46) Bescheidprotokolle 9, fol. 102’ *7) Nach Ausweis des dortigen Taufregisters; die Allgemeine Deutsche Biographie, Bd 12, S. 512 gibt irrtümlich den 27. September 1576 an. 48) Landschaftsakten C I/6, 68. 29) Nürnberg, 1623; ein Exemplar zeigte 1898 der Antiquar Jaques Rosenthal in München an (Eitner, a. a. O., Bd 5, S. 162). 50) Tübingen, Dietrich Werlin, 1628; Exemplare befinden sich in Berlin (Preußische Staats¬ bibliothek) und Mainz (Stadtbibliothek). 51) Vgl. K. Benndorf, Sethus Calvisius als Musiktheoretiker, Vierteljahrschrift für Musik¬ wissenschaft Bd 10 (1894) S. 432 ff. 266

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