OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde nun Ihne vermelten Brassicanum, bei vnnserer Schuel lennger wol haben mögen“ antwortete man ihnen 21), „vnnd solche mutationes der Jugennt nicht füertreglich: So haben doch Euer Gsnasdsen] vnd Euch zu Ehren vnnd gefallen, wir Ihne seines diennstes guettwillig erlassen, Also daß Er, vnnserer vnuerhundert nunmehr bei Euer Gnaden vnnd Euch, sich zu seiner gelegenheit einstellen khann, versehen vnnß er werde in seinem anbeuolhnen Diennst, sich also erweisen, daß Euer Gnaden vnnd Ihr, mit Ime zufriden seiet“. Zugleich aber äußerte die Stadtverwaltung den Wunsch, sie „hinfüero mit dergleichen begehen, auß voran¬ gedruckter vrsachen G: zuuerschonnen“ Bald darauf traf der neue Kantor in Linz ein. Über die Aufgaben, die ihm an seinem neuen Wirkungsorte oblagen, unterrichtet die für ihn erlassene Dienst¬ vorschrift 22). Er mußte dafür sorgen, daß „die Discipuli in Allen Classibus etiam inferioribus, so darzue tauglich in der Musica vnndterwisen werden, ... Darneben in der Kirchen, mit Psalmen singen, sich nach dem Ministerio richten, alle Son: vnnd Feyrtag, ein gesanng De tempore, oder anndere Muteten, souil die Zeit leiden will, singen, wie dann baides in der Schuell vnnd Chor, die anndern Collegae die Musicam befüerdern zu helffen schuldig. Er solle auch khein funus ohnne vorwissen der Herrn Verordtneten, oder der Herrn Scholarcharum vnd Inspectorum, wie auch deß Rectoris Deducirn auch bei hochzeitten vnnd anndern Conuiuiis khein Musicam halten, die honoraria von den funeribus in der Statt, solle Er in zway Thail, einen füer sich, den anndern füer die anndern Collegas außtheilen. Was aber sonnsten wegen der Musica auf hochzeitten oder Conuiuijs begeebnussen hergeben wüerdt, das solle noch zue Achten deß Rectoris außgetheilt werden. Schon für die allernächste Zeit ist Brassicanus' Teilnahme an einem der eben¬ erwähnten Ereignisse, einem „funus“, verbürgt. Am 12. September 1609 war der ständische Verordnete Johann Christoph Freiherr von Gera zu Linz an einem Schlaganfall verschieden. Im Zuge der am 20. Oktober vollzogenen Überführung der Leiche nach Schloß Eschelberg im Mühlviertel hielt „Herr Clamand“ (Clemens Anomaeus), der älteste ständische Prediger, zwei „Leichpredigten“. Brassicanus aber hatte ein Klagelied „Über den Abschied des wolgebornen Herrn / Herrn Hanns Christophen / Herrn von Gera“ komponiert, das bei der Aufbahrung der Leiche in der Eschelberger Schloßkapelle zum Vortrag gelangte 23). Der Chor erschien zusammen mit den beiden Predigten im nächsten Jahre bei Abraham Wagenmann, einem Nürnberger Drucker, mit dem die Stände in reger Geschäfts¬ verbindung standen, in Buchform. Das Werkchen, in einem Exemplar (vermutlich Unicum) in der evangelischen Diözesanbibliothek erhalten, gleichzeitig die einzige 21) St. Florian, cod. XI/593, fol. 29. 22) „Instruction Auf den Cantorem Joannem Brassicanum" (St. Florian, cod. XI/593, fol. 81’). 23) Vgl. „Adnotationes“ der Esther von Gera (O.-ö. Landesarchiv Linz) und Ph. Blitters¬ dorf, Totenklage in Schloß Eschelberg, Tages-Post (Linz) 1930, Unterhaltungsbeilage Nr. 31. 261

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