Wintermayr: Die Benediktiner-Abtei Mondsee den Bischofsstuhl von Regensburg bestieg, erfuhr das von seinen Vorgängern gegenüber den bischöflichen Eigenklöstern geübte Ausbeutungssystem jähe Wand¬ lung. Nicht, daß er das Eigenkirchenwesen aufgehoben hätte, daran hielt er fest gleich seinen Zeitgenossen, überzeugt von dessen Richtigkeit und rechtlicher Begründung, doch war Wolfgang bestrebt, seine Herrenrechte zum wirtschaftlichen und disziplinären Aufbau seiner Klöster auszuüben. Der Geist St. Benedikts, den er als Mönch des Klosters Einsiedeln in sich aufgenommen hatte, wirkte weiter in ihm bei der Reform des Domstiftes St. Emmeram. Die strengen „Einsiedler Consuetudines“, die hier zum Vorbild wurden, leiten über zu dem großen Cluniazenser Ideenkreis, mit dem Abt Gregor von Einsiedeln (960— 996), während seines Aufenthaltes in England vertraut wurde 19) Die Neubelebung des streng monastischen Ideals forderte aber als wichtige Grundbedingung die wirtschaftliche Hebung der verfallenen Konvente. Wolfgang wandte ihnen den Nutzgenuß ihrer Güter wieder zu, verzichtete aber damit zugleich auf einen bedeutenden Teil seiner bischöflichen Einkünfte 20). In dieser Zurück¬ stellung persönlichen, materiellen Vorteils, zugunsten der von ihm vertretenen Lebensanschauung, offenbarte dieser deutsche Kirchenfürst eine Charakterstärke, die ihn weit erhob über seine bischöflichen Standesgenossen. Die nähere Verbindung Wolfgangs mit Mondsee und die Verpflanzung der Neformideen in dieses entlegene Seekloster liegt in den politischen Wirren be¬ gründet, die nach dem Tode Otto I. ausbrachen, als Herzog Heinrich II. von Bayern mit dem jugendlichen Otto II. um die Herrschaft im Reiche rang. Um nicht durch erzwungene Parteinahme sein Bistum in diesen Bürgerkrieg zu ver¬ wickeln, verließ Bischof Wolfgang um 976 seine Residenz und zog sich in das entlegene Waldgebiet seines Klosters Mondsee zurück. Nun konnte er auch diesem arg daniederliegenden Konvent seine Sorge zuwenden und zugleich die Reform durchführen. Von dieser Tätigkeit Wolfgangs, der während seines freiwilligen Exils die disziplinären und wirtschaftlichen Angelegenheiten in diesem weitent¬ legenen Sprengel seiner Diözese ordnete, wissen spätere Geschichtsquellen jedoch interessanterweise nichts zu berichten. Bereits in der ältesten Mondseer Chronik (12. Jahrhundert) preist der Dichter die Wiederherstellung des Klosters als Werk Kaiser Heinrichs II. 21). Die alten Mondseer Annalen, die noch Aventin für seine bayrische Chronik verwenden konnte und die später leider verloren gingen, berichteten hingegen vom Aufenthalt und Wirken Wolfgangs in Mondsee, von dem allerdings die spätere „Wolfgangslegende“ nichts übernahm. Diese auf¬ fallende Retusche am Bilde des Heiligen, der zum weltabgewandten Einsiedel wird, findet ihre Erklärung in der scharf tendenziösen Einstellung gegen den bischöflichen Klosterherrn, die darum auch in Wolfgang nicht so sehr den Bischof von Regens¬ 19) E. Tomek, Studien zur Reform der deutschen Klöster im 11. Jahrhundert (Wien 1910), S. 96. 20) J. Zibermayr, St. Wolfganglegende, S. 7. 21) Monumenta Germaniae, Scriptores 15/2, S. 1104. 197
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