OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter schwelendes Dunkel über der Hügellandschaft unter schweren Gewitterwolken. Gespensterhaft leuchten aus der Ferne Schneeberge herüber; wie ein Irrlicht brennt an einem Hügelrande lichtgrünes Strauchwerk und ein Lichtstrahl erhellt ein sattbraunes Wegstück. Im Kleide des Jüngers übertönt sattes Not das Schwefelgelb im Kleide Magdalenas, das stumpfe Blau des Madonnenmantels und vollends die Todesfarbe des Leichnams. Heute sind die blauen und grünen Töne des Himmels und der Landschaft durch Orydation der Malfarben noch dunkler geworden als es ursprünglich in der Absicht des Malers gelegen war. Dadurch wird der Kontrast zwischen den hellen Figuren und dem dunkelnden Land, wird die Geschlossenheit der figuralen Komposition und der Todesernst des ganzen Bildes noch verstärkt. Das Gemälde atmet tiefen Ernst in feierlichem Schweigen. Die Maltechnik des Bildes ist von einer meisterlichen und zielbewußten Vielfalt. Hauchdünn und zügig aufgetragen, liegen die Temperafarben über einer fast überall durchschimmernden bläulichen Vorzeichnung, die bedeutend von den Umrissen des fertigen Gemäldes abweicht und fesselnde Einblicke in die geistige und technische Entstehung des Werkes gewährt. Farbige Effekte wie das Grün eines Strauches oder das geisterhafte Weiß der Berge sind pastos aufgesetzt. Die Gesichter, die ausdrucksvollen Hände sind detailreich gemalt, während eine summarische Malweise an den Gewändern und in der Landschaft vorherrscht; immer ist das Wesentliche betont. Die formalen und farbigen Wagnisse des Bild¬ aufbaues erscheinen nicht problematisch, sondern wirken dank der Meisterschaft des Malers durchaus selbstverständlich und prägen sich der Erinnerung unvergeßlich ein. Eine gewollte Asymmetrie belebt die getragene Ruhe und Feierlichkeit, die innere Monumentalität der Komposition. Wie der am linken Bildrande einsam knienden Magdalena die beiden dunklen Kreuzesstämme das Gleichgewicht halten, ist im Verein mit dem Wechselspiel der geschlossenen glühenden Farbflächen der Gewänder von überraschender und stimmungschaffender Gewalt. Die wenigen pflanzlichen Gebilde wirken wie Symbole des Schmerzes. Nirgends klingt, soweit ich sehe, in der Komposition ein graphisches Vorbild nach, wenn nicht etwa in dem denkerhaften Profilkopf des hl. Johannes der Einfluß italienischer Formen vielleicht aus den Stichen Marcantonio Raimondis — erblickt werden muß. Italienischem Formdenken entspricht allerdings die Art, wie in dogmatischer Weise Figuren en face (Magdalena) mit einem reinen Profilkopf (Johannes) in Nach¬ barschaft gesetzt werden. Das ganze Bild ist aus einer großartigen farbigen Vorstellung geboren; die Art, in welcher geschlossene Flächen von edel glühenden Farben neben¬ einander gesetzt werden, erinnert geradezu an gleichzeitige Glasgemälde. Dennoch leben in der figuralen Komposition, die allein für sich ohne Landschaft bestehen kann und die sich der Bildebene eng anschließt, Formerinnerungen an plastische Schrein- oder Predellengruppen der gleichzeitigen Flügelaltäre fort. Ein typisches Werk dieser Art ist etwa die reich bewegte und vielfigurige Be¬ 254

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