OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Bausteine zur Heimatkunde Die Stelle an der die einstige Kirche stand, bezeichnet heute ein einfaches Holzkreuz (zwischen Wahlmüller und Strohhofer auf Höhe des Strohhofer Most¬ kellers) und nur aus einem Erdabbruch neben dem Wege zum Reitbauern schiebt der dort angrenzende Friedhof des öfteren Gebeine und Totenschädel zu Tage, gleichsam als stumme Erinnerungszeugen vergangener Jahre der einstigen Hof¬ kirchner Pfarre. Richard Kastner (Saxen) Ein Tafelgemälde der Beweinung Christi von 1517 aus Mondsee Vor wenigen Monaten untersuchte der Verfasser dieser Zeilen in der Pfarr¬ kirche von Oberhofen ein in Tempera auf Fichtenholz (Größe 555: 740 mm) gemaltes, total verschmutztes Tafelgemälde, dessen Farben wie erloschen schienen, das ihm aber zunächst durch einen prächtigen, aber schwer beschädigten hochbarocken Rankenrahmen aus der Werkstätte des Mondseer Bildhauers Meinrad Guggen¬ bichler aufgefallen war. Soweit der Erhaltungszustand ein Urteil zuließ, konnte man auf ein bedeutendes Originalgemälde aus jener Blütezeit des Kunstschaffens des Stiftes Mondsee schließen, welche unter dem Abte Wolfgang Haberl (1499 bis 1521), dem Freunde Kaiser Maximilians I., erlesene Werke auch der Malere hinterlassen hat. Überraschenderweise kam unter dem Rahmenfalz der gänzlich un¬ verletzte Originalrand der Maltafel und die authentische Datierung „1517“ zutage Der Verein „Denkmalpflege in Oberösterreich“ ermöglichte sofort eine durch¬ greifende Wiederherstellung des Gemäldes in der Restaurierwerkstätte des o. ö. Landesmuseums, die von Frau G. de Somzée in mustergültiger Weise besorgt wurde. Das Ergebnis dieser mühevollen Arbeit war für alle Beteiligten eine freudige Überraschung und bedeutet für Österreich den Gewinn eines bisher un beachteten Meisterwerkes höchsten Ranges, dessen Kenntnis unser Wissen von der österreichischen Malerei des 16. Jahrhunderts an einem entscheidenden Punkte berichtigt. Das Landesmuseum darf in berechtigtem Stolze dieses Werk als kost¬ bare Leihgabe zur Schau stellen, wobei Lichtbilder seines Zustandes vor der Restaurierung auf den Erfolg der Wiederherstellung hinweisen. Im Vordergrunde des Bildes baut sich die Beweinung des Leichnams Christi in monumentaler Ruhe und tiefer Innerlichkeit auf. Breit hingelagert streckt sich der tote Leib des Herrn; der kniende Jünger Johannes zieht den Oberkörper seines Meisters an seine Brust und starrt, von Christus abgewendet, leidvoll ins Dunkel. Ihm zur Seite kauert, vom Schmerz fast zu Boden gedrückt, Maria in ihrem weiten Mantel und hebt mit unsagbar zarter Gebärde die durchbohrte Hand des toten Sohnes empor. Seitab vereinsamt, wie vom Leid versteinert und ins Leere blickend, kniet Maria Magdalena in modischer Tracht, das Salbgefäß in Händen. Bezeichnenderweise läßt sich diese Figurengruppe unmittelbar in die holzgeschnitzte Schreingruppe oder Predella eines spätgotischen Flügelaltares um¬ denken. Hinter ihr überschneiden zwei Kreuzesschäfte und das ausdrucksvolle Liniengewirr eines blätterlosen Dornstrauches die Landschaft. Während die Figuxen, von grellem Licht getroffen, in edelsteinhaften Farben aufglühen, liegt 253

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