OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Baumes aber infolge der Unvertrautheit der betreffenden Amtsstellen mit dem Volksbrauch für fünf bisher völlig unbescholtene Bauernburschen einen Gerichts prozeß in Raab nach sich gezogen. Hat das Mühlviertel seit 1946 ein wahres System von Fehden und Kämpfen zwischen den Burschengruppen und Sportvereinigungen um den Raub der aufgestellten Maibäume entwickelt, die in manchen Ortschaften mehrmals ihren Besitzer wechselten, so legten die Innviertler auf eine möglichst prunkvolle Masken- und Wagenauffahrt (altertümlicherweise mit Ochsengespannen), oft verbunden mit einem komischen Ochsenreiten beim Aufstellen oder Legen des Maibaumes, Wert. Dabei kamen, vor allem 1948, uralte Gepflogenheiten und Brauchtumsmotive wieder zutage, wie der Umzug des altherkömmlichen (Mai¬ Brautpaares, dem man gern einen schon halberwachsenen Knaben beigibt, die anschließende standesamtliche Trauung mit langen, komischen Spieltexten, Auffahrt eines „Baders“ und einer Zigeunergruppe, die dann, wie beim Ebenseer Fetzenzug, auch zu einem Kinderwagenrennen (Ziel: Maibaum) ansetzt, und das Rügegericht durch den eine Schweinsblase als Waffe schwingenden „Wurstl“ usw. Einmal fand sich auch, als eine Doppeldarstellung des einziehenden Maipaares (neben der außerdem noch auf dem Maibaum selbst angebrachten Figurengruppe) ein Wagen mit „Hansl und Gretl“ als Puppen unmittelbar hinter dem maskierten Braut¬ paar. Wir erwähnen als die eindrucksvollsten Veranstaltungen dieser Art die von Überackern, Maria Schmolln und Roßbach. Der Muttertag beginnt aus seiner privaten Begehung allmählich zu einem öffentlichen Brauchtum zu werden, seit die Pfarren und die Pfarrjugend sich anschicken, ihn durch große Veranstaltungen zu feiern und man ihn in vielen Orten mit dem Tage der Erstkommunion der Kleinen verbindet, die sonst am Christi-Himmelfahrtstage oder Dreifaltigkeitssonntag stattfindet. Mit besonderer Ausgelassenheit wurden in den letzten Jahren die Bosheits und Unruhnächte zum 1. Mai und Pfingstmontag begangen, sodaß auch daraus - wegen mancher Dachbeschädigung durch Daraufsetzen von beladenen Mistwagen und Freiheitsberaubungen — mehrere Klagehandlungen vor einem Innviertler Gerichte entstanden. Von größter Prunkentfaltung und tiefer religiöser Anteilnahme getragen, waren die glänzenden Fronleichnamsprozessionen. Besonders ein¬ drucksvoll verliefen die zwei großen Schiffsprozessionen, die nach den langen Jahren, in denen sie nicht stattfinden konnten, Tausende von Besuchern nach Traunkirchen und Hallstatt lockten, zumal bekannt wurde, daß infolge des Schad haftwerdens der riesigen Plätten in Hallstatt 1948 die letzte Seeprozession statt¬ finden würde. In vielfältiger Ausgestaltung finden sich auf dem Land (besonders in einzelnen Orten des Inn- und Traunviertels) die zu Hunderten zur Weihe in die Kirche gebrachten Fronleichnamskränzlein, für deren Zusammensetzung man allerdings viel weniger Wert auf die Verwendung der althergebrachten Kräuter als auf möglichste Blumenbuntheit legt. 240

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2