OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Burgstaller: Gegenwärtiges Jahresbrauchtum in Oberösterreich Der Georgitag ist noch immer der große Hexenbekämpfungstag ge blieben, wenn auch die einst in der Umgebung von Wels üblichen Hexenfeuer eben¬ so erloschen sind, wie man im mittleren Innviertel die Herstellung des „Georgi¬ nagels“ aus neunerlei Hölzern aufgab. Aber das „Georgiastl“ (Elexen) wird immer noch gesteckt, Rinder und Pferde werden an vielen Orten noch vor dem Sonnenaufgang ins Freie und oft auch ums Haus gejagt, doch ist das Kremstaler „Hexenjagen und -stechen“ etwa seit 1930 nicht mehr bekannt. Etwas an Bedeu¬ tung verloren hat auch der einst viel besuchte Wildenauer Georgikirta, seit die gleichzeitigen Umritte daselbst abnahmen. Doch finden sich dafür andernorts der Zuzug der Reitergruppen von St. Pantaleon zu dem schaumäßig aufgezogenen „Bühelritt“ in Oberndorf und recht theatralisch ausgeführte neue Umritte, wie etwa die von Schalchen und Micheldorf. Neubelebt wurden auch die Georgiritte in Riedau (sämtliche 1948). Indes unterblieb das berühmte Georgirennen in St. Ge¬ orgen bei Obernberg schon seit einigen Jahren. Erhalten aber blieben die be¬ kannten Aufzüge des Innviertler „Bockhäutelns“, mit denen die Burschen verehrten wie geschmähten Mädchen einen weithin hallenden Lärmbesuch machen. Einen machtvollen Aufschwung nahm seit zwei Jahren der Brauch des Mai¬ baumsetzens. Denn nicht nur, daß die Anzahl der Maibäume die von 1938 erreicht, sie überschreitet sie sogar bei weitem, indem man Maibäume in vielen Orten setzte, die nachgewiesenermaßen seit Jahrzehnten keinen gesehen haben oder die, den Berichterstattern nach, überhaupt noch nie (?) diesen Brauch übten (wie Uttendorf, Überackern, Moosdorf u.a.). Als Veranstalter treten weniger die Wirte auf als die in den einzelnen Verbänden zusammengeschlossenen Burschen, im Mühlviertel vor allem die Feuerwehr, vereinzelt auch der Trachtenverein und ein¬ mal (Riedau) auch die Schule. Wiederholt nahmen auch die politischen Parteien die Aufstellung eines Maibaumes zum Anlaß, ihre Mitglieder zu fröhlicher Ge¬ selligkeit zu vereinen. Die Verbreitungsdichte des Brauches ist am stärksten im Mühlviertel, es folgen dann das Innviertel und das Salzkammergut und in be¬ trächtlichem Abstand erst die übrigen Teile des Traunviertels und Landls. Die Formen der Bäume haben sich insoferne geändert, als im Gebiet des unteren Mühlviertels die ganz dicht mit Laub- und Gewindewerk umschlungenen Bäume vorzuherrschen beginnen, denen man größere Fahnen und Fähnchen und Glas¬ kugeln als Schmuck aufsetzt, und für das mittlere Innviertel von Nied an die auf und auf sprossenartig mit Fahnen besteckten und in der Nacht beleuchteten Bäume charakteristisch sind. Als besonderer Schmuck zeigt sich von der sogenannten Alm bei Ried bis in die Gegend von Roßbach über dem Schild mit dem Namen der Zeche, die den Baum errichtet hat, in einer Art Kästchen das Paar von Hansl und Gretl, die, mit Rechen und Gabel versehen, als deutliche Sinnbilder der Feld fruchtbarkeit gekennzeichnet werden. Als Kletterfiguren erscheinen sie im Gebiet um Obm und im inneren Salzkammergut. Das Fällen des Maibaumes im nächtlichen Forst hat heuer in Mühlheim ein Todesopfer gefordert, das altüberlieferte und weitverbreitete Stehlen des 239

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