OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Wintermayr: Die Benediktiner-Abtei Mondsee führung gekommen sein 8). Im Sinne seiner Klosterpolitik übergab Karl, der in den altbayrischen Klöstern Stützpunkte der gestürzten Dynastie erblickte, nach dem Tode des Abtes Hatto (804) das Kloster Mondsee seinem bewährten Kaplan und Kustos, Bischof Hildebold von Köln als Kommende ?). Der Kommen¬ datar-Abt bezog die Einkünfte des Klosters und führte dessen Rechtsvertretung, mit der Administration und geistlichen Leitung des Konventes aber war ein Stellvertreter betraut 10 In Erzbischof Hildebold fand Mondsee einen großzügigen Förderer seines Besitzstandes; er war es auch, der den Strom karolingischer Kultur und Bildung überleitete in das waldumrauschte Seekloster 11). So brachte er seinen Mönchen als kostbare Gabe des gelehrten Kreises um Alkuin die deutsche Übersetzung der alkuinschen Bibelrezension und verschiedene kirchliche Texte, von denen auf seine Anregung Abschriften angefertigt wurden, wobei der alemannisch-fränkische Dialekt des Originals in die österreichisch-bayrische Mundart abgeändert wurde. Bruch¬ stücke dieser für die damalige Zeit ganz einzigartigen literarischen Leistung, die, frei von den Fesseln mühsamer wörtlicher Übersetzung, Sinn und Inhalt des Textes bieten wollte, blieben als Bucheinbände erhalten. Aus diesen Bruch¬ stücken, die nach dem Urteil der Literaturgeschichte zu den ältesten deutscher Denkmälern kirchlichen Schrifttums zählen 12), ließen sich außer dem Matthäus-Evangelium noch der Isidorische Traktat „de fide catholica contra iudäeos“, Teile der 76. Predigt des hl. Augustinus, sowie zwei Traktate unbe¬ kannter Verfasser wieder herstellen. Die Auswahl der Texte, in denen sich Karls Bestrebungen nach praktischer Volksbildung und wissenschaftlicher Untermauerung der Glaubenslehre widerspiegeln, mehr aber noch die sprachliche Form der Über¬ setzung weisen auf den karolingischen Hof und die von ihm ausstrahlenden kulturellen Strömungen. Der Übersetzer des Isidor-Traktates wurde mit diesem Werke zum Begründer der deutschen Kunstprosa. Die vom Frankenreiche übernommenen Kulturgüter erfuhren in Mondsee selbständige Weiterbildung und so konnte dieses gerade wegen der Pflege der deutsch-sprachlichen Literatur neben den Klöstern Wessobrunn, Freising, Tegernsee, St. Emmeram in Regensburg und Salzburg eine führende Stellung in Bayern behaupten 13). In diesen altbayrischen Landklöstern vollzog sich allmählich das Werden des bayrisch-österreichischen Schrifttums, wie es seinen literarischen Niederschlag in den „Mondseer Glossen“ fand 14).Auch hier aber ist es vorzüglich kirchliche Literatur, die Bibel, die Kirchenväter, die dem Ver¬ 8) J. Zibermayr, Noricum, S. 245. *) Hildebold, Erzbischof von Köln 785 —819. Gams, Series episcop. cath. 269. 10) A. Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands (Leipzig 1906), Bd 2 S. 202. 11) Chron. Lunael. S. 31 f. 12) J. W. Nagl-J. Zeidler, Deutsch-Österreichische Literaturgeschichte, Hauptband (Wien 1899) S. 129; G. Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur (München 1932), Bd 1 S. 280. 13) Ehrismann, Bd 1 S. 86. 14) Die Handschrift befindet sich in der Nationalbibliothek Wien, Nr. 2 195

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