Oberöstereichische Heimatblätter der letzten Reif- und Schwerttänzergruppen. Wo sich die Zechen im mittleren Inn¬ viertel zu größeren Umzügen zusammentun, verwenden sie dabei manchmal die alt¬ überlieferten Rauhnachtsmasken des Schimmelreiters, Wurstels, Teufels, Poli¬ zisten, Rasierers, Baders, der Wilden, Fechtbrüder und Zigeuner. Doch ziehen sie es derzeit meist vor, sich unmaskiert zu großen Ländlertanz-Veranstaltungen in den Städten und Märkten zu treffen, wie dies auch sonst für gewisse Tage des Jahres üblich ist. Das Mühlviertel hat im Jahre 1947 und 1948 die meisten kleinen Faschingszüge des ganzen Landes auf die Beine gebracht. Fast immer gruppieren sie sich um ein Faschingsehepaar, das ein Wurstl mit derben Späßen begleitet. Die „Koweiber“, die um diese Zeit Haslach unsicher machen, haben sich seit etlichen Jahren beträchtlich verringert. In Ebensee erreichte der berühmte „Hutzen- und Fetzenzug“ 1948 nahezu die¬ selben Ausmaße wie vor dem zweiten Weltkrieg. Man merkte dem Aufzug jeden¬ falls nicht an, daß noch im vorigen Jahr die Amerikaner die Masken mit Tränen¬ gas und Feuerwehrspritzen auseinander trieben. Es fehlten aber die charakteristischen Holzmasken des Bildhauers N. Heißl, die sich viele Soldaten der Besatzungsmacht in ihre Heimat als Andenken mitgenommen haben. Die Salinen- und Soda¬ fabriksarbeiter ersetzten den Verlust jedoch durch rasch hergestellte, hervorragende Arbeiten aus Gips, die allerdings das anhaltende Schlechtwetter des heurigen Faschings nicht zu überdauern vermochten. Unter den herkömmlichen Masken fehlten die Stelzengeher, der Bär, der Neger, der Tod, die Baumaffen, die Wilden, die Hunde, der dicke Wuzel, die eiserne Else und die Altweibermühle. Die Ebenseer ersetzten aber die Abnahme an Maskenvielfalt durch eine umso reichere Entfaltung der Variationen in der Gestaltung der Kopfbedeckungen, die an Bizarrheit wahr¬ lich nichts zu wünschen übrig ließen und in verblüffender Altertümlichkeit hohe Aufbauten mit Puppen, Vogelbälgen, Hirsch- und Gemsgeweihen als Schmuck zeigten oder mit ganzen Büschen von Palmzweigen und Getreidegarben ausge stattet waren. In den Tanzsälen erschienen abends auch schöne Masken, doch fehlten am Faschingdienstag noch immer die „Nuß-Nuß“, die ihrer Aufgabe, Dörrobst und Süßigkeiten unter die Kinder zu werfen, in unserem Zeitalter straffer Lebensmittelbewirtschaftung noch nicht gerecht werden können. Bad Ischl brachte es, im Gegensatz zu seiner einstigen Faschingsgröße, nur zu einem karnevalistischen Kinderumzug, dem aber immerhin ein Landauer mit den beiden großen Figuren des „Bader Jagerl“ und seiner Frau Gertraud folgte, die sich zur Begrüßung der Ischler Bürger aus dem geöffneten Wagen herausneigten. Das sonst so faschinggewichtige Goisern hat seine Rolle nahezu eingebüßt. Es entlehnt seine Faschingszüge vom nahen St. Agatha, wo man wie in Obertraun versucht, durch oft recht gelungene Vorführungen die wichtigsten Ereignisse des ver¬ gangenen Jahres parodistisch darzustellen. Wie einst in Traunkirchen konnte man auch in den beiden letztgenannten Orten noch heuer die treffliche Gepflogenheit des Faschingsbriefes und des Aussingens gewisser Torheiten beobachten, die die Bürger während des Jahres begangen hatten. 236
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