OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Neben den oft jur- und alkoholreichen Silvesterveranstaltungen städtischer Art haben sich in manchen Dörfern des Landels, Salzkammergutes und Stodertales regelrechte Rügebräuche in Form von „Jahreshacheln“ erhalten. An Neujahr¬ gebäcken bewahrt das Mühlviertel unter dem Namen „Neujahr“ als Paten¬ geschenk neben kleineren, gleichbenannten Doppelspiralen das stattlichste Nad- und Spiralgebäck, das im europäischen Kulturkreis bisher bekannt ist. In der Großen oder Dreikönigsrauhnacht leben seit 1946 auch die verschiedenen Speisegebote wieder auf, zu denen auch die „Schüssel voll Semmel¬ milch“ gehört, die man im Krems- und Steyrtal, wie vereinzelt auch im Mühl¬ viertel (Gallneukirchen) für die „Bermuada“, die Unschuldigen Kinder oder die wandernden Heiligen Drei Könige aufstellt. Mit der Wiedereinführung der Aus¬ gabe von Krapfen und Schnidn an die Rauhnachtsbettler dürfte auch das Umher ziehen der „Naunler“ und „Woisler“ bald wieder zunehmen. Statt des derzeit wenig geübten Böller- und Gewehrschießens läßt sich im Innviertel und Salz¬ kammergut wieder häufiger der schrille Ruf des Bocks- und Kuhhorns vernehmen. Die Hauptbräuche der großen Kultnacht bilden noch immer das Innviertler Maschkeragehen“, das Mühlviertler „Rauhnachtsingen“ und im Salzkammergut der Lauf der „Glöckler“. Im Innviertel haben es sich vereinzelt die Zechen auch während des Krieges nicht nehmen lassen, in, allerdings kleinsten, Gruppen von Gehöft zu Gehöft zu gehen. Nach dem Kriege lebte der Brauch wieder mächtig auf. Seit Jahren waren noch nie soviele Gruppen unterwegs wie 1946/47. Doch nimmt der Brauch jetzt sichtlich wieder ab, wie er auch gleichzeitig etwas zu ver¬ flachen droht, da durch die Kleidersammlungen während des Krieges wichtige Ausstattungsstücke verloren gingen und nun allmählich durch beliebig gewählte Faschingstrachten ersetzt werden. Es erhielten sich aber immerhin die ziemlich deutlichen regionalen Unterschiede zwischen dem unteren Innviertel mit den stummen, weißen Masken und den Handwerkergruppen, die ein städtisch aus¬ staffiertes Brautpaar begleiten, dem mittleren Innviertel, in dem ein „Königs¬ paar", begleitet von Wurstl, Teufel und Waldleuten einherzieht, und dem oberen Innviertel mit Schimmelreiter, Habergaiß und Guckkastenmann. Allen gemeinsam blieben außer dem den Zug beschließenden „Besenweibl“ die flitterbehängten Tänzerpaare, die im unteren und oberen Innviertel meist ein paar Takte eines Ländlers oder Walzers tanzen, während sie im mittleren den „Zipf Adam"-Tanz bevorzugen. Aufgehört hat im oberen Innviertel die Anführung des Zuges durch die Maske des Todes oder des Stieres, wie auch die Vorführung von Schlangen und Drachen durch den sogenannten Zirkus- oder Menageriedirektor. Im Mühlviertel habe ich die letzten, allerdings schon stark verkleinerten Auf¬ züge der „Rauhnachtsinger“ 1943 erlebt. Sie zeigten damals im wesentlichen noch dieselben Formen, wie sie von Dr. H. Commenda, Dr. A. Depiny, Direktor H. Matthie und mir wiederholt beschrieben wurden. Der Glöcklerbrauch des Salzkammergutes hat heute wieder ungefähr dieselbe Intensität wie vor 1938. Liefen damals in Ebensee 17 Passen mit zusammen 234

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