OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Burgstaller: Gegenwärtiges Jahresbrauchtum in Oberösterreich Geblieben ist in einem einzigen (Innviertler) Fall auch der Aufzug des1 „Kohlenklau", der aber mit zunehmender Sinnentleerung der Gestalt wahrschein¬ lich bald wieder in seine Phantasiewelt zurückkehren wird. Im Rückgang befinden sich auch die eigentlichen Nikolausgeschenke in Form der mannigfaltigen Gebildbrote, in der Form von Hähnen, Hasen, Hirschen, Rehen, Habergaißen, Pfeifen und Taschen; sie wurden fast überall abgelöst durch die all¬ gemein bekannten Brotmännchen und einfachen Semmeln. Gegenüber den ans Ekstatische grenzenden schreckhaften Aufzügen, wie wir sie mit ihren Teufelsgestalten, den „Hunden“, „Stieren“, „Schönen“, dem „Tod und „Körblweibel“ und der „Habergaiß“ noch immer im Sauwald antreffen, wirkt das Brauchtum des Thomastages fast unbedeutend. Allgemein gilt der Abend noch als Los- und Orakelnacht mit der üblichen Zukunftsbefragung durch Schuhwerfen, Zaunstecken- und Holzscheitlzählen, Hütlheben usw. Allgemein wird auch das Haus noch „ausgesprengt“ und ausgeräuchert. Und immer noch gilt die Nacht als gefährlich, denn der „Thomerl“ schreibt auf, wen er nachts unterwegs trifft. Der Eingetragene muß im nächsten Jahr sterben. Aufgehört hat aus be¬ greiflichen Gründen der Innviertler Brauch, dem Thomerl in der Nacht beide Stadltore zu öffnen, damit er auch im nächsten Jahr die Feldfruchtbarkeit ins Haus bringe. Verschwunden sind auch die den Nikolausgestalten entsprechenden Inn¬ viertler- und Mühlviertler „Thomasnigln und -gaißen“; den „Thomaskopf“ aber stellte man noch 1943 im oberen Innviertel dar. Der schweigsame „Zwiebart" im mittleren Innviertel seit 1938 nicht mehr gelaufen, lebt aber als „Zwiebart¬ thomerl“ noch in der Vorstellung der Schuljugend weiter. Von den Vorweihnachtsbräuchen erhielt sich im oberen Mühlviertel der Maskenaufzug der „Untersetzer“ in der sogenannten Werwoche (d. i. der Woche vor Weihnachten) — 1947 ließ sich um Rohrbach die erste Gruppe dieser fasching¬ mäßig aufgeputzten Masken seit Kriegsende wieder sehen — und das „Herberg¬ suchen“. Durch das Absterben vieler alter Frauen, die den letztgenannten Brauch hauptsächlich pflegten, und den Verlust manches geschätzten Herbergsbildes (wie z. B. in Ried i. J.) hat das Herbergsuchen vielfache Einbußen erlitten. Trotzdem spannt sich, soweit man dies bei dem sehr still geübten Brauch durch die immer nur zufälligen Zeugnisse in Erfahrung bringen kann, ein weitmaschiges Netz dieser schönen Sitte über das ganze Land. Seine gegenwärtig schönste Form dürfte sich in Traunkirchen erhalten haben. Für die eigentliche Weihnachtszeit sind zunächst Krippe und Christ¬ baum charakteristisch. Der Krippenbrauch erlebte nach einer Art Hochblüte 1938 einen jähen Abbruch, der sich im Salzkammergut, dem Hauptlande der schönen Hauskrippen, durch einen umfangreichen Abverkauf wertvoller alter Krippen nach Deutschland besonders schmerzhaft auswirkt. Die gleichzeitige Geringschätzung und Vernachlässigung der Pflege durch viele Krippenbesitzer brachte einen weiteren Rückschlag mit sich, der auch nach Jahren, trotz emsiger Tätigkeit der heimischen 231

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