OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter für die geradezu großartigen Ausgestaltungen mancher Rauhnachtsumzüge im Winter 1947, die jedoch 1948 bereits wieder etwas abgenommen haben, und verschiedener Maibaum- und Umrittsbräuche, die, selbst dort, wo sie neu eingeführt wurden, durchaus nicht immer nur der Geschäftstüchtigkeit einzelner Gewerbe¬ treibender entsprangen. Ein wesentlicher Zug unserer Zeit, begründet nicht nur in dem nahezu gesetz¬ mäßigen Wellenverlauf unseres Geisteslebens, sondern zutiefst auch im Kriegs¬ erleben unserer Generation, liegt auch in der unverkennbar tiefen Hinneigung zum Religiös-Erhabenen, das sich nicht nur in zahlreichen Wallfahrten auswirkt, an denen manchmal sämtliche Zechen eines Gebietes geschlossen teilnehmen. In der ehrlichen Religiosität der Bevölkerung verankert liegt auch die machtvolle Entfaltung kirchlicher Glorie, die neben den zahlreichen Aufzügen bei Primizen und Bittprozessionen sichtbar wird. Brauchtumsfördernd wirken ferner neben diesen innenbürtigen Kräften auch äußere, unter denen vor allem die Betreuung durch die Pfarren und die von ihnen geschaffene Pfarrjugend hervorzuheben ist, die sich in erster Linie der Weih¬ nachts- und Muttertagsgestaltung annimmt, im weiteren aber auch alle politischen Parteien, die sich die gemeinschaftsbindenden und -bildenden Kräfte des Brauch¬ tums zunutze zu machen suchen. Wir finden daher bei den verschiedenen Ver¬ anstaltungen dieser Körperschaften Brauchtumselemente wie Weckruf, Höhenfeuer, Mai- und Christbaum usw., dürfen uns aber nicht verhehlen, daß gerade hier noch eine große Erziehungsarbeit zu leisten sein wird, um manche Unebenheit zu überwinden. Natürlich gibt es auch brauchtumshemmende Kräfte, die aber nicht nur im seelischen Notstand weiter Bevölkerungskreise wurzeln. Sie liegen zum Großteil auch im Mangel an entsprechenden Materialien. So waren bis 1948 die Sonn¬ wendfeuer durch den argen Holzmangel allgemein gedrosselt und leiden noch jetzt die Lichterbräuche zu Allerheiligen, Weihnachten und Lichtmeß unter einem noch immer nicht zu behebenden Mangel an Wachs. Ebenso gehemmt blieben gewisse Gebildbrot- und Speisebräuche. Noch wirken auf die Beteiligung der „Rauh¬ schnidnbettler“ und „Armenseelengeher“ die kriegsbedingten Verbote des massen¬ haften Herstellens und Austeilens von Rauhnachtsgebäcken und Allerseelenwecken, wenn auch für die Maskengruppen der Zechen zu Silvester und Dreikönig bereits wieder die herkömmlichen Speisegaben bereitstehen. Verhängnisvoll wirkten sich vielfach auch die Kleider- und Wollsammlungen der Kriegszeit aus, denen ganze Trachten, Maskenkostüme und vor allem viele Krampus- und Nikolauspelze zum Opfer fielen. Entgegen den Erwartungen hat sich das enge Zusammenleben mit Bevölkerungsteilen anderer deutscher oder fremder Sprachgebiete fast nirgends brauchtumsbildend oder zerstörend ausgewirkt. Über die Zukunft des oberösterreichischen Brauchtums brauchen wir nicht besorgt zu sein. Zwar wird sich innerhalb der nächsten Jahre eine teilweise rück¬ 228

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