OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberöstereichische Heimatblätter künstlerischen Höhepunkt erreicht hatte, d. h. um 1800. Waren es zu Buchers anfänglich die zugewanderten, später die einheimischen Angehörigen des Glas hüttengewerbes, so wurden auf der österreichischen Seite der Grenze auch zahl¬ reiche hüttenfremde Arbeitskräfte angelernt. Während also drüben das Haus¬ gewerbe eine zusätzliche Beschäftigung, oder nach dem Rückgang der Glasveredlung in den Hütten, eine Ersatzbeschäftigung für Hüttenangehörige dargestellt hat, entwickelte sich diesseits eine Art von Kleinbauernhilfe. Da bei den angelernten Laien in der Glasveredlung die Traditionsgebundenheit fehlte, entwickelte das Hinterglasbild zu Sandl einen derberen, mehr bäuerlichen Stil als in Buchers und erreichte erst gegen 1830 den Gipfelpunkt seiner Eigenart und Qualität. Mit dem folgenden Absinken der Höchstleistung ging bezeichnenderweise noch eine Ausweitung der Erzeugung und des Absatzes parallel. Gleichzeitig aber setzte der Wandel des Geschmacks der heimischen Abnehmer ein und die Frachtkosten für die großen Entfernungen in die Ostgebiete zwangen zur Herabsetzung der Preise. Trotzdem brachte die Werkstatt des Vinzenz Köck in Sandl noch folgenden Erlös ein: 1852 : 8332 fl 36 kr, 1855 : 9530 fl 43 kr, 537 fl 58 kr, 1856 : 7400 fl 36 kr, 1854 : 7782 fl 19 kr, 1857 : 5204 fl 57 kr. Für die etwa 20 Werkstätten der Dreiländerecke läßt sich daher eine Jahres¬ einnahme von etwa 150.000 fl errechnen. Nimmt man für den Gulden von damals annähernd zwei Goldfranken an, so wären dies 300.000 Franken, die jährlich aus der hausgewerblichen Volkskunst von etwa 100 — meist nebenberuflich t Hinterglasmalerei beschäftigten Menschen erarbeitet wurden. Zum größten Teile handelte es sich damals bereits um Exporterlöse, wenn es gestattet ist, die ehemaligen Kronländer der östlichen Reichshälfte als wirtschaftliches „Ausland zu betrachten. Wir sehen also, daß mit dem kulturellen Verlust, den unsere Volkskultur als Folge des Absterbens nahezu aller Zweige der Volkskunst erlitten hat, auch ein empfindlicher wirtschaftlicher Verlust verbunden war. Beidem konnte das soge¬ nannte „Kunstgewerbe“ oder die „Geschmacksindustrie“ bisher keine annähernd gleichen Werte gegenüberstellen. Das Bestreben nach einer Wiedererweckung des Künstlerischen aus dem Volk stellt also keineswegs eine romantische Schwärmerei von der „guten alten Zeit dar, sondern den realen und im besten Sinne modernen Wunsch nach einem kulturellen und materiellen Wiederaufstieg unseres Volkes nach dem unaufhaltsam scheinenden Verfall, den der Erkennende durch die Kulissen des vermeintlichen oder vergeblichen „Fortschritts“ der letzten 100 Jahre hindurch erblickt. Solchen zeitgemäßen Erkenntnissen dienen Ausstellungen wie die des oberösterreichischen Landesmuseums in höchstem Maße. Mögen die Folgerungen daraus gezogen werden von allen, die es angeht! 226

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