OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter bedienen. Das heißt, er mußte die Reihenfolge der handwerklichen Arbeitsvorgänge des Malprozesses umkehren. Der Maler mußte damit beginnen, auf die gereinigte und zum besseren Halt der Farben auf verschiedene Art chemisch vorbereitete Glastafel die Zeichnung in Konturen vorzureißen. Schon bei Stücken aus dem 15.—16. Jahrhundert erkennen wir, daß sich hier das Verfahren teilen ließ. Die einen zeichneten die Umrißlinien in schnell trocknenden Farben und füllten die dazwischen liegenden Flächen in unge¬ brochenen Farben aus. Die anderen zogen für die Umrißlinien langsam trocknende, pastose Farben vor, die sich beim Ausmalen der Bildteile mit den verschiedenen Farben vermischen und vermalen ließen, so daß die Umrißlinien verschwanden, nachdem sie ihren Dienst als Hilfslinien geleistet hatten. Bei diesem Verfahren entstanden Bilder in zartgetönten Farben, die durchaus den Charakter einer fein abgestuften Ölmalerei tragen. Das andere Mal waren es Handwerker, insbesondere solche der Glas¬ veredlung, denen das Glas an und für sich ein vertrauter Werkstoff war. Sie hatten sich im Laufe der Zeit die verschiedensten Arten von Veränderungen der Glasmasse wie der Glasoberfläche zu eigen gemacht. Ein Zweig der Glasmasse¬ veränderung, das Färben des Glases, hat z. B. den Rohstoff für das Glasmosaik bei der Ausstattung iranischer Innenräume in sehr früher Zeit geliefert. Die Kombination in der Masse gefärbten Glases mit in Brandfarben bemalten Gläsern führte zur Blüte der mittelalterlichen Glasfenstermalerei. Beide Techniken, daneben die Bemalung in Emailfarben, der Glasschliff und -schnitt sowie die Glasätzung, Glasmattierung, Blattmetallauflage, Feuervergoldung, die Zwischen¬ goldmanier und endlich einfache Schwarzlotzeichnung dienten zur Veredlung des Hohlglases. Was lag näher, als daß sich der Kunsthandwerker der Renaissance auch des auf all diese Arten veredelten Tafelglases zur Ausstattung von Innen¬ räumen, Täfelungen, Möbeln, Kassetten und anderen Gegenständen bediente? Daß auch der Goldschmied das mit Blattgold oder Blattsilber, oft in Verbindung mit leuchtenden Lasurfarben, unterlegte Glas in seine Dienste nahm, ist nicht weiter erstaunlich. Als die Verwendung des mit Zinnfolie und Quecksilber unter¬ legten Glases als Spiegel aufgekommen war, mußte es den Spiegelmacher ver locken, die eintönige Spiegelfläche durch das Einschleifen von Ornamenten oder Anbringen von anderem Zierat zu beleben. Schon die vorher gebräuchlichen Metallspiegel aus poliertem Silber oder Stahl waren ja durch die Auszier in Gravierung oder Tauschierung oft zu köstlichen Prunkstücken höfischer Kabinette geworden. Die Vereinigung von Kugel- und Mattschliff in der Unterseite des Spiegelglases, ehe dieses belegt wurde, ließ jene reizvollen Wirkungen entstehen, die wir aus den venezianischen und böhmischen Spiegeln und Spiegelglasrahmen in Erinnerung haben. Sehr früh schon, jedoch ursprünglich unabhängig voneinander, treten uns Erzeugnisse aus diesen beiden Wurzeln- der malerhandwerklichen und der hüttengewerblichen — gegenüber. Die Kenntnis der Möglichkeiten scheint nie 216

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