OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Wintermayr: Die Benediktiner-Abtei Mondsee Gebietes steht dessen vorübergehende Verpachtung an Salzburg von 1506 — 1565 durchaus nicht in Widerspruch. Die Befruchtung mit den Gedanken des Humanismus ließ Mondsee eine Blüte erleben, die das altehrwürdige Seekloster als hervorragenden Kulturmittelpunkt im obderennsischen Lande erscheinen läßt Mit der Errichtung eines humanistischen Gymnasiums (1514), der ersten derartigen Bildungsanstalt in Oberösterreich, sicherte Abt Wolfgang dem Kloster eine führende Stellung im Geistesleben. Ihren getreuen Spiegel finden diese Bestrebungen in den Vibliotheksbeständen mit den zahlreich vertretenen Klas¬ sikern. Auf Jahrhunderte alter Tradition aufbauend, — der nachweisbare Bestand der Klosterschule reicht bis ins 12. Jahrhundert“1) —, galt das vorwiegende Inter esse vorzüglich den Fächern des Trivium, Grammatik, Dialektik, Rhetorik. So berie Abt Sigismund Hohenkircher 1550 den Wiener Magister der freien Künste Wolf¬ gang Pledel, daß er die Kleriker in Grammatik und Dialektik unterrichtes2). Neben diesen literarischen Zeugen im Bibliotheks- und Schriftwesen, offenbarte sich der Geist des Humanismus auf dem Gebiete der Kunst in dem anmutigen Wallfahrer¬ brunnen zu St. Wolfgang der berühmten Erzgießer Lienhard Räunacher und Peter Mülich, dem ersten Werke der Frührenaissance auf österreichischen Boden 63 Die Blüte, die Mondsee unter Abt Wolfgang Haberl erlebte, endete mit dessen Tod und bald hatte das mächtig vordringende Luthertum auch in dieses Kloster Eingang gefunden. Der Humanismus mit seiner Überschätzung des antiken Bildungsideals wurde zum Wegbereiter der neuen Lehre; der Widerspruch zwischen dem heiter-fröhlichen Diesseitsideal der heidnischen Klassiker und den strengen Forderungen jenseits gerichteter Ordensobservanz mußte schließlich zum Bruch führen. Der tüchtigen Leitung des Abtes Johann III. Hagen (1521 —1536) gelang es allerdings noch, die Bewegung einzudämmen, von der bloß einige jüngere Konventualen, wie auch der Bruder Leonhard Schillings erfaßt wurden. Anführer und Vertreter der lutherischen Grundsätze war der Hofrichter und Sekretär des Klosters Dr. Ortolf Fuchsperger, der in seinen Vorlesungen über Dialektik, die er den jüngeren Konventualen im Auftrage des Abtes hielt, der neuen Lehre den Boden bereitete. Mit der Drucklegung seines Lehrbuches „Gründ¬ licher Anfang der waaren Dialectica“, des ersten deutschsprachigen Logiklehrbuches, sicherte er sich den Ruhm eines wagemutigen, gewandten Übersetzers 64).Der geistig-religiöse Umbruch, der zutiefst die Gemüter aufwühlte und erschütterte, wurde zum Vorläufer der gewaltigen wirtschaftlichen Umschichtung Europas, die sich in den allenthalben in Süd- und Mitteldeutschland auflodernden Bauern¬ erhebungen ankündigte. Mondsee, dessen Untertanen sich dem Aufstand nicht an¬ geschlossen hatten, blieb vor dem Argsten bewahrt, da die salzburgischen Bauern, 6’) Monumenta Germania, Necr. 4, S. 417. 62) Glückert, S. 118 A. 33. 63) J. Zibermayr, St. Wolfganglegende, S. 64, 65. 6*) Horawitz, S. 795. 207

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