OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 3

Oberösterreichische Heimatblätter Bewundernswerter Eifer und unglaubliche Fruchtbarkeit kennzeichnen be sonders das Schaffen des bereits erwähnten Hieronymus (Johannes) de Werdea. Die Menge der von ihm verfaßten oder kopierten Handschriften hätte, wie Pez anläßlich seines Besuches in Mondsee staunend, mit verzeihlicher Übertreibung bemerkte, kaum von sechs Pferden weggeschafft werden können. Bei seinem Ein¬ tritt in Mondsee 1451 brachte er seine bedeutende Bibliothek mit, die er sich als Magister der Wiener Unitversität erworben hatte 47). Während seines Noviziates und später schuf er sich unter Zugrundelegung der Werke der Klosterbibliothek eine umfassende Materialsammlung, die zugleich einen wertvollen Überblick des Biblio thekbestandes ermöglicht. Gleich bei seinem Eintritt genoß der ehemalige Universi¬ tätsprofessor eine gehobene Stellung, die durch seine Begabung als Prediger noch gefestigt wurde. Er hielt sich selbst die Einkleidungsansprache, sprach als Novize im Namen des Konventes und verfaßte zahlreiche lateinische sermones, die ob ihrer gelehrten scholastischen Predigtweise jedenfalls für den Klerus und nicht als Volkspredigten bestimmt waren. Nächst seinen aszetisch-mystischen Werken verraten vor allem seine Briefe seine Fähigkeiten und seinen gesunden religiösen Sinn, während er als Dichter religiöser Hymnen und Verfasser von Heiligenleben die üblichen scholastischen Bahnen wandelte 18). Das gewaltige Anwachsen der Bibliothek veranlaßte Abt Benedikt 1470 eine neue „puchkammer, liberey zu bauen, die im dritten Geschoß der Marienkapelle, ober der Sakristei, untergebracht wurde und somit die traditionelle Verbindung Sakristei, Archiv, Bibliothek wahrte 49). Im gleichen Jahre schritt Abt Benedikt an den Neu¬ bau der Abteikirche, mit deren Vollendung (1487) das Reformwerk in Mondsee Abschluß und Krönung erfuhr. An Stelle der alten romanischen Kirche deren Krypta verschüttet wurde, erstand der noch heute ob seiner großzügigen edlen Innenarchitektur bewundernswerte gotische Bau 50). Die gleichzeitig geschaffene Marienkapelle verdankt ihre Errichtung der durch die Neform neu entflammten Marienverehrung, die somit wieder an die alte Cluniazenserreform anknüpft. Weitere Bauten, die Errichtung des Spitals mit der hl. Geistkirche zu Mondsee, den Umbau der Wallfahrtskirche zu St. Wolfgang konnte das Kloster während dieser Bauepoche durchführen 51). Die Gepflogenheit, die Seelsorge in dieser Pfarre ob der hervorragenden Bedeutung des Wallfahrtsortes durch eigene Professen zu besorgen, beließ auch die Cusanische Reform (1451), insoferne das reguláre Leben auch dort gehalten wurde 52). Um nun den Clausurvorschriften, die auch den Chor der Kirche einbezogen, zu entsprechen, konnte für die Seelsorge bloß 27) Glückert, S. 130, 118. 48) G. Dreves, Hieronymus von Mondsee, Zeitschrift für katholische Theologie (Innsbruck 1896) S. 179 f. 40) Chron. Lunael. S. 258. 50) J. Zibermayr, Michael Pachers Vertrag über die Anfertigung des Altars in der Kirche zu St. Wolfgang, Mitteilungen des Institutes für österreichische Geschichtsforschung Bd 33 S. 486. 51) Schmid, S. 293. 52) J. Zibermayr, St. Wolfganglegende, S. 49 f. 204

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