Oberösterreichische Heimatblätter 90 Jahre Spitzmauer-Besteigung Ein Beitrag zur Erschließungsgeschichte des Toten Gebirges Die Spitzmauer kann zweifellos als der formenschönste Berg des ganzen Toten Gebirges bezeichnet werden. Wenn der Bergwanderer die Talweitung von Hinter¬ stoder erreicht hat, fesselt und entzückt ihre Berggestalt als Glanzpunkt des ganzen Bergkranzes sein Auge. Links begrenzt vom Südostgrat, steilt die Ostwand mit ihren zwei Pfeilern und Gipfelschluchten zur Höhe. Rechts schließt sie der Nord¬ ostgrat ein, dem der Nordostabsturz mit einem selbständigen Vorgipfel vorgelagert ist. Weiter rechts kommen bei Fortsetzung der Wanderung taleinwärts Teile der Nordseite, vor allem der auffallende Nordpfeiler heraus. Es ist klar, daß diese kühne Felsgestalt die Aufmerksamkeit der Menschen bald auf sich lenkte; aber ihre abweisende Steile hat lange von einer Besteigung abgeschreckt. Nach der ersten touristischen Ersteigung des Großen Priel (2514 Meter) durch den Grafen von Engl mit den Brüdern Riedler am 29. August 1817 mußten noch einige Jahrzehnte vergehen, bis auch die Spitzmauer (2446 Meter) die ersten Bergsteiger auf ihrem Gipfel sah. Die erste Ersteigung erfolgte am 23. Juli 1858 (also vor 90 Jahren) durch C. Stelzner und H. Lang¬ eder mit dem alten Prielführer Matthias Hotz vulgo „Haarschlager“, dem ersten autorisierten Bergführer des Stodertales, von der Polsteralm aus durch die Klinserscharte und Weitgrube. Möglicherweise ist aber der Gipfel der Spitzmauer, wie die meisten Berge dieses Gebietes, schon vorher durch Wildschützen oder Hirten betreten worden. Georg Schachinger (Hinterstoder) hat im ersten Gipfelbuch der Spitzmauer (gewidmet von Georg Schachinger und Carl Wurm-Linz, 1895) die folgenden Ersteigungen aus der am Gipfel in einer Flasche vorgefundenen Karte, aus den Führerbüchern, alten Fremdenbüchern in Hinterstoder und dem Hüttenbuch im alten Carl-Krahl-Schutzhaus zusammengestellt. Diese ersten Spitzmauerfahrten erfolgten in großen Abständen: 1867 war (vermutlich als Zweiter) Vater Gott¬ fried Hauenschild von Windischgarsten oben; 1871 Oskar und Arthur Simony Wien); 1876 Carl von Adamek (Wien); 1877, 24. Juli, Franz Then und C. Holzinger (Wien), 1. August Georg Geyer (Wien); 1880 Carl Krammerez (Wien); 1881 ein Gymnasial-Professor Schram mit seinen Töchtern Laura und Rosa, also den ersten Frauen; 1884 Josef Reichl und Anton Moser (Steyr); 1886 wieder zweimal Reichl, dabei einmal in Begleitung von Alois Haller (Steyr); 1888 neuerlich Josef Reichl mit Johann Ellinger (Steyr); 1889 zu Ostern Georg Geyer und Julius Hossinger (Wien) bei winterlichen Verhältnissen (die erste kalendermäßige Winterersteigung konnte ich trotz eifrigem Nachforschen nicht fest¬ stellen), 18. August J. M. Lamberger (Wien), dem der erste Durchstieg in der Gegend des heutigen Nordwest-(Auer-)Kamins — damals Nordwand, später Nordweg genannt — gelang, und wiederum Josef Reichl mit Johann Mach aus Steyr. 172
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