OÖ. Heimatblätter 1948, 2. Jahrgang, Heft 2

Bausteine zur Heimatkunde schwimmen und so kommt der Schiffzug in Bewegung. Der Geschworene aber wird mit allen möglichen Titulaturen belegt. Mittags und abends ist an die Landung zu denken. Am Abend braucht man einen guten Stand für die Nacht für die Schiffe und die Pferde. Der Sößstaller schwingt seine Schalten und ruft „Hoa!“, das bedeutet das Stillstehen der Pferde. Ist es notwendig, die Schiffe noch ein wenig höher zu stellen, so ruft er: „Laß he nu a weng!“ Die Pferde machen noch einige Schritte im Zug, dann ruft er noch einmal „Hoa!“ und alles steht still. Bei der Landung abends ruft er auch noch: „Schlag aus! Führ außa!“ Abends muß nämlich die Zwiesel zu den Zugschiffen gestreift werden. Der Seiltrager muß Zwiesel und Buesen untersuchen, ob nichts fehlt, ob keine „Geiger“ 28) vorkommen oder sonst etwas daran geschehen ist. Beim letzten Kommandoruf ist der Sößstaller schon „kriegli“ und kann kein lautes Wort mehr reden. Natürlich, die Wasserluft macht's! Traf es sich durch besondere Umstände, Hochwasser oder dergleichen, daß der Buesen nicht nach der Länge im Seilzug ausgeritten werden konnte, dann war das Schlichtreiten notwendig. Da ging es dann einwärts in Gärten, Wiesen und Felder. Es kam zwar selten vor, aber wenn es vorkam, dann gab es Reklama¬ tionen und Vergütungen nach allen Seiten. Beim Sprengen über Wasser 29) wurde das „Happlahaben“ eingeleitet. Es wurde auf kurze Seillängen abgespannt und die Pferde wurden durch Lärmen und Zuschlagen auf Reiter und Pferd zur äußersten Zugkraft angespornt, damit die Schiffe einen starken Gang erhielten. Dadurch ging das Übersetzen auf das andere Ufer leichter. Dort wurden die Anker geworfen und die Schiffe standen still. Es wurde viel Zeit und Arbeit dadurch erspart, es hatte aber Gefahren in sich. Hielten die Anker nicht oder brachen die Pratzen beim Werfen, dann konnte das Fuhrwerk dahinrinnen und zu Grunde gehen. Das Happlahaben wurde auch bei Stromschnellen und über hohe Ecken angeordnet. Conto finto über einen Schiffzug von Pest nach Linz mit 4 Schiffen und einer angenommenen Ladung von 10.000 Wiener Zentnern, rinfuso 30) geladen und mit 60 Schiffspferden bespannt. Frachtsatz 1,12 fl. C. M. je Zentner. Vorgeschriebene Lieferzeit vier Wochen, bei Verlust der halben Fracht, Hochwässer, Natur¬ ereignisse, Volksaufläufe, Hindernisse unwiderstehlicher Gewalt ausgenommen. Die Versicherung der Verladung geht auf Kosten der Empfänger oder der Versender. Ein- und Ausladen, sowie Abschifftungen "1) unterwegs gehen den Schiffmeister an. In Verwendung kommen: 20 Schiffleute, 63 Pferdeleute und 60 Schiffspferde. Die Schiff¬ leute sind im ständigen Dienst des Schiffmeisters, Pferde und Pferdeleute werden bei Bauern nur für die Reise gedungen. Nach zurückgelegter Reise erhalten die Bauern den Schifflohn für die Pferde und die Leute. 28) Eine durch Unachtsamkeit zusammengezogene Schlinge im Seil, das dann an dieser Stelle aufgeht. 20) Uferwechsel des Schiffzuges. 30) Lose eingeschüttet, nicht in Säcken. 31) Ausladungen, um die Tauchung (den Tiefgang) der Fahrzeuge zu vermindern. 151

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